Ein Freibrief für Schießwütige

Bagatellen werden angeklagt, aber neun Schüsse sind der Staatsanwaltschaft keinen Prozess wert.
Ricardo Peyerl

Ricardo Peyerl

Bagatellen werden angeklagt, aber neun Schüsse sind der Staatsanwaltschaft keinen Prozess wert.

von Ricardo Peyerl

über einen zweifelhaften Freibrief

Ein junges Pärchen gerät sich unter Alkoholeinfluss in die Haare, er schlägt eine Glasscheibe im Stiegenhaus ein, Nachbarn alarmieren die Polizei. Tags darauf Entschuldigung und Begleichung des Schadens. Alles gut? Mitnichten. Die Staatsanwaltschaft klagt den Mann wegen Sachbeschädigung an. So ein epochaler Vorfall muss schon in einem ordentlichen Strafverfahren aufgearbeitet werden.

Neun Schüsse, mit denen ein Polizist eine ganz offensichtlich an Verfolgungswahn leidende junge Frau in ihrer Wohnung durchsiebt? Darunter zwei Schüsse, als sie bereits auf dem Boden liegt? Ein Gutachten, das anhand der Spuren die Notwehr-Version des Polizisten stark in Zweifel zieht? Da werden wir keinen Richter brauchen, das machen wir unter uns aus, sagt die Staatsanwaltschaft und stellt das Verfahren gegen den Schützen ein. Das muss sowohl für die mit knapper Not überlebende Frau unbefriedigend sein als auch für die Polizei. Die Frage, ob der für so einen Einsatz nicht geschulte Beamte auf Spezialisten hätte warten müssen, bleibt unbeantwortet. Und der Vorwurf, die Justiz stelle schießwütigen Polizisten einen Freibrief aus, bleibt im Raum stehen.

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