Die verschobene Außenpolitik

Der Bundeskanzler lässt der Außenministerin kaum außenpolitische Luft zum Atmen
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

Sebastian Kurz ist dauerpräsent, die Außenministerin ist in Bangladesch. Vergangene Woche drei Tage Korea und Japan mit einem schnellen Besuch bei einem menschähnlichen Roboter, zwei Premiers, einem Präsidenten und einem Kaiser (in spe) sowie in Hiroshima. Diese Woche zwei Tage Washington mit Besuch im Weißem Haus und Gesprächen mit der absoluten Spitze der Trump-Administration. Und am kommenden Wochenende zwei Tage Ägypten zu einem Gipfel mit Führern afrikanischer und europäischer Staaten, den er mitinitiiert hat: Sebastian Kurz surft gerade auf der außenpolitischen Welle.

Die Fachministerin ist auch unterwegs. Karin Kneissl verbringt gerade neun Tage in Bangladesch, Nepal, Bhutan und Indien, weil: „Europa hat in Asien schon viel verpasst.“ Ja eh. Unterschiedlicher und symbolträchtiger könnte das Bild nicht sein.

Stimmt schon: Der Kanzler entflieht immer häufiger den Niederungen der heimischen Innenpolitik und lässt den kleineren Koalitionspartner viel zu sehr fuhrwerken. Er macht Außenpolitik als Sammlung von raschen Foto-Opportunities zum eigenen Nutzen. Und vielleicht arbeitet Sebastian Kurz längst an seiner nächsten Karrierestufe, die nicht in Österreich liegt.

Aber: Er macht die (sichtbare) österreichische Außenpolitik. Und er lässt der Außenministerin nicht viel politische Luft zum Atmen. Die EU-Agenden hat er ihr von Beginn an weggenommen. Womit von Karin Kneissl nach gut einem Jahr im Amt der Knicks vor Hochzeitsgast Wladimir Putin bleibt. Und der Reflex, bei jeder Gelegenheit ihre eigene Vergangenheit zu thematisieren – zuletzt beim zufälligen Small-talk mit Israels Premier, wo man „über meine Zeit in Israel“ sprach. Außenpolitik war noch selten so verschoben in Österreich.andreas.schwarz

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