Die EURO 2020 ist also zu Ende, vielleicht steigt im Siegerland Italien sogar kurzfristig der Konsum und beschert dem krisengeschüttelten Land ein Zehntelprozent-Pünktchen Wachstum.
Was aber vielen bei diesem Turnier sauer aufgestoßen ist, war die Vermarktungspraxis der UEFA. Die Hauptsponsoren kamen fast durchwegs aus China, Russland oder dem arabischen Raum: der Haushaltsgeräte-Hersteller Hisense, der Smartphone-Produzent Vivo, die Verkaufsplattform Alipay und der Kurzvideo-Dienst Tiktok (allesamt aus China), die Qatar Airways oder die russische Gazprom. OK, mit Heineken und VW hatte Europa noch zwei Vertreter, beide aus der Old Economy.
Diese Aufstellungsvariante der UEFA löst zwei Fragen aus: Wie schlimm ist es um Europas Wirtschaft und Industrie bestellt, dass sie beim Hochamt des Fußballs auf unserem Kontinent mittlerweile von den Schwellenländern überholt wird. Stellen Sie sich vor, die TV-Spots beim amerikanischen Superbowl-Finale kämen nicht mehr von Coca-Cola sondern einer chinesischen Softdrink-Firma. Eher fällt der Freiheitsstatue die Krone vom Kopf. Und besser kann man dem völlig verschlafenen Strukturwandel in Europa kaum mehr den Spiegel vorhalten. Seit der geglückten Airbus-Gründung als Gegenspieler zum Boeing-Konzern ist uns keine Weltmarktführer-Rolle mehr gelungen, schon gar nicht im Digitalgeschäft.
Und zweitens: Warum holt die UEFA Unternehmen aus Ländern in ihren Sponsorenpool, in denen es um die Menschenrechte so mies bestellt ist. Wo es sehr dichte Verdachtsmomente gibt, dass zum Beispiel Uiguren zur Zwangsarbeit eingesetzt werden, wo ökologische Fragen genauso keine Rolle spielen, wie die Rechte von Frauen, wo man weit von Mindestlöhnen oder fairen Arbeitsbedingungen entfernt und Datenschutz ein Fremdwort ist. Die UEFA soll bei diesem Turnier wiederum rund eine halbe Milliarde Euro an Sponsorengeldern erwirtschaftet haben. Das Vertrauen und den europäischen Geist hat sie aber verspielt.
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