Die Tories: Sex, Drogen und Halloween

FILE PHOTO: FILE PHOTO: Former British Foreign Secretary Johnson gives speech at the JCB Headquarters
Ein Gastkommentar der britischen Politologin Melanie Sully, Direktorin des in Wien ansässigen Instituts für Go-Governance.
Melanie Sully

Melanie Sully

Drogen, Sexismus, Vorwürfe der Frauenfeindlichkeit, Homophobie und Narzissmus. Der Wettstreit um die Tory-Spitze ist alles andere als fad. Vor einiger Zeit eröffnete Theresa May, dass es der größte Jugendstreich ihres Lebens war, als sie durch ein Weizenfeld lief. Ein Kollege bemerkte, hätte sie am Ende „nackt“ hinzugefügt, wäre das Publikumsinteresse größer gewesen.
Die schicken Boys von britischen Elite-Schulen sind zurück. Boris Johnson und der unkonventionelle Rory Stewart, einstiger Privatlehrer der königlichen Prinzen, sind eloquent und medienwirksam. Stewart der sich als „ein Mann des Volkes“ sieht, gab zu auf einer Hochzeit im Iran Drogen konsumiert zu haben – wohl kaum eine proletarische Veranstaltung.

Einst wurden die Tory-Chefs von einer geheimen adligen Sippschaft ausgewählt, so wie die Kardinäle über den nächsten Papst nachsinnen. Heutzutage können die Mitglieder eingebunden werden. Die erste Hürde ist jedoch die konservative parlamentarische Fraktion. Hier können alte Feindseligkeit zum Vorschein kommen, was Kapfenberg versus Simmering wie eine viktorianische Teerunde erscheinen lässt. Die größten Feinde können jene engsten Kollegen sein, die über Leichen im Keller der Konkurrenten voll informiert sind. Peinliche Details können in der Boulevardpresse auftauchen und ein Kandidat zwingen das Tuch zu werfen.

Der nahende Brexit

Das drängendste Thema des Premierministers in spe ist der Brexit. Ende Oktober ist das neue Ende März – das Datum, an dem das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union austreten soll. Ein strenges Einhalten dieser Frist könnte die Saat der Zerstörung für einen neuen Regierungschef sein – wie Theresa May gelernt hat.
Das Parlament ist entschlossen, ein No-Deal zu verhindern. Auch wenn dem Parlament gelingt ein Gesetz gegen No-Deal zu beschließen, müsste das EU-Recht geändert werden, da es über dem inländischen Recht steht. Es wäre ein Treppenwitz der Geschichte, wenn euroskeptische Tories argumentieren, das Land müsse austreten, weil es das EU-Recht so will.

Doch davor wird es zurück zum Backstop gehen, das scheinbar unlösbare Problem der Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland. Ein Aufschnüren des Austrittsabkommens ist für die EU ein No-Go aber für London war es immer ein „Entwurf“, welcher einen parlamentarischen Prozess durchlaufen muss.
Eine Überlegung ist, eine Art Schlüsselloch Chirurgie zu betreiben, sodass der Backstop „repariert“ wird. Das erfordert eine Definition von „temporär“ und eine Option für das britische Parlament das zu beenden vielleicht mit einer vier-fünftel Mehrheit, was kaum realistisch wäre aber die Souveränität des Parlaments sichert.

Heißer Oktober

Sollten die Verhandlungen wieder in einer Sackgasse landen, könnte die Regierung im Oktober nach einem Misstrauensantrag fallen. Die EU in so einem Fall würde die Frist verlängern bis eine neue Regierung im Amt ist – vermutlich kurz vor Weihnachten. Ein neues Parlament könnte den Deal akzeptieren und wenn nicht, alles zurück an den Wählern schicken mittels Referendum Mitte 2020.
Rückblickend Theresa May und ihre langweilige Jagd durch Weizenfelder und ihr Versuch einen Deal zu beschließen, könnte positiver beurteilt werden als bisher.

Dr. Melanie Sully ist britische Politologin und Direktorin des in Wien ansässigen Instituts für Go-Governance.

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