Die Party war schon angesagter

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Spricht Deutschland eine Reisewarnung aus, gehen die Lichter schneller aus, als man „Hölle! Hölle! Hölle!“ brüllen kann
Simone Hoepke

Simone Hoepke

Ende Gelände. Die österreichische Reisewarnung für Kroatien sorgt bei Hoteliers und Veranstaltern gleichermaßen für Aufregung. Nicht nur in Kroatien, auch in Österreich. Schließlich machen Österreichs Touristiker gute Geschäfte entlang der kroatischen Küste, die übrigens 1.700 Kilometer lang ist. Dazu kommen rund 60 touristisch genutzte Inseln. Ob sie alle ein einziger Corona-Cluster sind, darf bezweifelt werden.

Ob die Reisewarnung für das ganze Land angemessen war, damit auch. Schließlich hat die Regierung einst ja auch nicht ganz Italien zum Risikogebiet erklärt, sondern nur einzelne Regionen wie die Lombardei. Und niemand mag sich ausdenken, was passiert, wenn in großen Reiseländern wie Deutschland eine Reisewarnung für ganz Österreich ausgerufen wird, weil einige Party-Macher in St. Wolfgang (oder Villach, Ischgl, Linz ...) die Corona-Zahlen in einer Region nach oben treiben.

Auf der europäischen Bühne war das Match Österreich/Kroatien am Wochenende ein Nebenschauplatz. Die Deutschen sorgten am Freitag in Spanien für Entsetzen. Nicht mit fragwürdigen Partyszenen beim Ballermann, sondern mit einer Warnung vor genau diesen. Genauer gesagt mit ihrer Reisewarnung für das ganze spanische Festland, Mallorca inklusive. Nur die Kanaren sind ausgenommen. Auf Mallorca liegen die Nerven blank. Wo noch vor Kurzem Einheimische auf die Straße gingen, weil Touristen die Insel regelrecht überrannt haben, halten jetzt Demonstranten Schilder mit Aufschriften wie „Wir haben ein Recht auf Arbeit“ in die Höhe. Der Grund: Deutsche Urlauber waren am Wochenende eilig abgereist und Veranstalter strichen Pauschalreisen aus dem Programm. Auch hier hagelt es Kritik, dass eine regionale Warnung für Palma, Magaluf oder andere Orte mit erhöhten Fällen fairer gewesen wäre.

In Österreichs kleinstrukturiertem Tourismus schaut man derweil mit Schweißperlen auf der Stirn auf die kommende Wintersaison. Viele wollen das Après-Ski heuer ganz absagen. „Entweder wir retten 80 Prozent des Geschäfts, in dem wir die Partys absagen, oder wir machen es gleich falsch wie die Kroaten diesen Sommer, die wegen ein paar Partygängern die ganze Saison gefährdet haben“, sagte der Hotelier Wilfried Holleis im KURIER-Gespräch.

Österreich muss aus den Fehlern der anderen lernen. Und auch aus seinen eigenen – Stichwort Ischgl. Zumindest in diesem Punkt scheint die sonst zerstrittene Branche einig. Denn es wäre fatal, würde Deutschland eine Reisewarnung für ganz Österreich aussprechen. Passiert das in der kommenden Wintersaison, gehen in den Tourismushochburgen im Westen des Landes schneller die Lichter aus, als irgendwer beim Après-Ski „Hölle! Hölle! Hölle!“ brüllen kann.

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