Die ÖVP – ein Lehenssystem
Die ehemals starken Landeschefs sind bereit zur Unterwerfung.
Sebastian Kurz hat es erlebt, er hat wohl auch selbst mitgespielt: Die ÖVP hielt sich einen Parteiobmann, der den Landeschefs berichten und auf populäre Kollegen Rücksicht nehmen musste. Um alle Welt, also unser kleines Land, miterleben zu lassen, wo die Macht wohnt, gab es regelmäßig Erniedrigungsrituale, damit der Chef in Wien die Realitäten nicht vergisst. Der Wechsel im Innministerium während des laufenden Präsidentschaftswahlkampfs war so eines, oder auch die Bestellung von Ministern. Im Dezember 2013 wartete schon ein Kärntner im dunklen Anzug, um als Landwirtschaftsminister präsentiert zu werden, aber der Tiroler Landeshauptmann bestand auf einen Landsmann. Das ließe sich beliebig fortsetzen , auch mit inhaltlichen Beispielen, wo der Parteiobmann desavouiert wurde, und dann noch erklären zu dürfen, dass er eh nie etwas anders wollte.
Das war also eine Art Lehenssystem wie im Mittealter, mit vielen Lehensherrn und einem Befehlsempfänger in Wien. Sebastian Kurz ist nun stark genug, das umzudrehen. Künftig soll er alles bestimmen, Personal, Programm, Politik. Die ehemals starken Landeschefs sind bereit zur Unterwerfung. Schwer vorzustellen, dass Erwin Pröll oder Josef Pühringer da mitgespielt hätten. Aber im kommenden Jahr sind Landtagswahlen, und da hoffen alle Beteiligten auf Rückenwind durch einen Erfolg bei der Nationalratswahl durch die Liste Sebastian Kurz, ÖVP (klein geschrieben).
Vergleiche mit Orban oder Erdogan, wie sie jetzt im Internet auftauchen, sind dumm und neben der Sache. Hier geh es um die ÖVP, nicht den Staat. Wenn es die ÖVP - Führung es nicht schafft, auf Augenhöhe zu kommunizieren, sondern immer ein Oben – Unten Verhältnis braucht, ist das ihre Sache. Aber irgendwann interessiert uns Staatsbürger, was Kurz im Land ändern will. Das betrifft uns dann alle. Und darüber sollen die Parteien – und Wahllisten endlich streiten. Ihre Interna sind ihr eigenes Problem.
Kommentare