Sebastian Kurz und sein Team verstanden es, dem Verkünden von Themen eine besondere Dramaturgie zu verpassen. Der Auftritt zählte manchmal mehr als der Inhalt. Karl Nehammer ist das Gegenteil. Er drängt bei Weitem nicht so offensiv in die Öffentlichkeit und hadert dann oft damit, dass Leistungen seiner Regierung weniger Anerkennung erhalten, als er gerne hätte.
Andererseits hat er es vielleicht gerade so geschafft, die türkis-grüne Koalition trotz vieler Untiefen stabil auf Kurs zu halten. Weder der ÖVP-Korruptionsausschuss, noch die Aussageprotokolle von Thomas Schmid, noch die Energiekrise verbunden mit der hohen Inflation, noch der Ukraine-Krieg, noch das Veto des Innenministers gegen die Erweiterung des EU-Schengenraumes und vor allem nicht die vielen Misstrauens- und Neuwahlanträge der Opposition haben die beiden Welten ins Wanken gebracht.
Dabei ist es sicherlich keine Wohlfühlkoalition. Vor allem der Auftritt der grünen Abgeordneten Nina Tomaselli im U-Ausschuss hat in der ÖVP immer wieder für Spannungen gesorgt. Genauso der Widerstand der grünen Ministerin Leonore Gewessler gegen weitere Straßenbauten. Umgekehrt musste der grüne Klub beruhigt werden, wenn die ÖVP das Asylthema wieder einmal ganz prominent gespielt hat. Vor Weihnachten soll es sogar einen so heftigen Konflikt zwischen dem neuen ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker und der grünen Klubobfrau Sigrid Maurer gegeben haben, dass manche Beobachter schon das Ende der Zusammenarbeit befürchtet hatten. Dazu aber ist die Achse zwischen Kanzler Karl Nehammer und Vizekanzler Werner Kogler sowie jene zwischen den Klubobleuten August Wöginger und Sigrid Maurer zu stark, als dass sie solche innerkoalitionären Stürme nicht überstehen würde.
Bei der Regierungsklausur jedenfalls wirkte die türkis-grüne Stimmung so harmonisch, als ob es nie Differenzen gegeben hätte. Trotz der Kompromisse, die beide Seiten eingehen mussten, etwa beim Thema Erneuerbare Energien. Es sollten nicht die geringsten Zweifel daran aufkommen, dass bis zum Ende der Legislaturperiode im Herbst 2024 durchgearbeitet wird.
In den Umfragen hat sich diese Arbeit bisher überhaupt nicht niedergeschlagen. Die werden weiterhin von der FPÖ und der SPÖ dominiert. ÖVP und Grüne würden demnach gemeinsam gerade einmal 30 Prozent schaffen. Aber je länger die türkis-grüne Regierung durchhält, desto größer wird die Herausforderung für die Opposition, diesen Level zu halten.
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