Die Arbeitslosigkeit steigt, schuld sind die anderen?

Die Arbeitslosigkeit steigt, schuld sind die anderen?
GASTKOMMENTAR
Paul Schmidt

Paul Schmidt

Die Herausforderungen für den Arbeitsmarkt müssen offen thematisiert werden.

von Mag. Paul Schmidt

über die Arbeitslosigkeit in Österreich

Kein Zuzug nach Österreich? Schutzklauseln für den heimischen Arbeitsmarkt? Ein Nachschärfen der EU-Entsenderichtlinie? All dies wird regelmäßig von unterschiedlichen Seiten gefordert. Grund dafür ist die wachsende Arbeitslosigkeit in Österreich. Ende April 2016 waren 424.697 Personen ohne Arbeit bzw. in Schulung. Im EU-Vergleich ist Österreich damit mittlerweile an sechste Stelle zurückgefallen.

Schwache Wirtschaft

Nicht-ÖsterreicherInnen sind zwar im Allgemeinen eher von Arbeitslosigkeit betroffen. Im Jahresdurchschnitt 2015 lag ihre Arbeitslosenquote mit 13,5 Prozent über dem gesamtösterreichischen Durchschnittswert von 9,1 Prozent, jene der ÖsterreicherInnen bei 8,1 Prozent. Im Detail zeigt sich aber, dass die Arbeitslosigkeit etwa bei Ungarn, Deutschen, Slowaken und Tschechen unter dem gesamtösterreichischen Durchschnitt lag, jene von Personen aus Polen, Rumänien, dem ehemaligen Jugoslawien und der Türkei darüber.2015 wurde, gemäß WIFO, auch ein Anstieg der Beschäftigten um durchschnittlich 0,9 Prozent verzeichnet. Bei gleichzeitiger Zunahme des Arbeitskräfteangebots reicht das allerdings noch nicht, um die Arbeitslosigkeit nachhaltig zu verringern. Insbesondere das Wirtschaftswachstum in Österreich ist nach wie vor zu gering für eine Trendumkehr.

Zuwanderung

Ein weiterer Grund für das steigende Arbeitskräfteangebot ist die Zuwanderung nach Österreich. Der Anteil der unselbstständigen Erwerbspersonen mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft hat sich in den letzten dreißig Jahren mehr als verdreifacht. Infolge der Arbeitsmarktöffnungen 2011 und 2014 waren im Vorjahr insgesamt 233.000 Personen alleine aus osteuropäischen EU-Ländern bei uns beschäftigt.Hinzu kommen die via Entsenderichtlinie nach Österreich entsandten Arbeitskräfte. 2015 waren dies – nach Angaben des Sozialministeriums – 133.679 Personen. 86.443 davon kamen aus den neueren EU-Mitgliedsländern Ost- und Südosteuropas, 38.806 aus den EU-15. Im selben Zeitraum wurden, gemäß Bundeskanzleramt, rund 41.000 ÖsterreicherInnen zum Arbeiten ins Ausland geschickt.

Die EU-Entsenderichtlinie enthält Schutzbestimmungen für ArbeitnehmerInnen, die im Auftrag des Arbeitgebers ihre Beschäftigung für einen befristeten Zeitraum in einem anderen EU-Land ausüben. Ihre Umsetzung durch die EU-Mitgliedstaaten war bisher allerdings mangelhaft. Kritisiert werden etwaiges Lohndumping und Wettbewerbsverzerrung. Eine Neufassung wurde vor Kurzem von der EU-Kommission auf den Tisch gelegt.

Die Herausforderungen für den österreichischen Arbeitsmarkt müssen offen thematisiert werden. Dabei muss auch gesagt werden, dass eine Einschränkung der Personenfreizügigkeit nicht automatisch zu geringeren Arbeitslosenzahlen führen würde, denn MigrantInnen verrichten nicht selten Tätigkeiten, an denen ÖsterreicherInnen wenig bis gar kein Interesse haben. Gefragt ist deshalb mehr denn je eine wachstumsorientierte Politik – in Europa und insbesondere auch in Österreich.

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