Dennoch ist der heutige Tag des Beschlusses der Impfpflicht einer, an dem man sich auch kritisch mit den Eingriffen des Staats in unsere Freiheiten auseinandersetzen muss. Noch nie seit 1945 hat die Politik unsere Grundrechte so sehr außer Kraft gesetzt wie in den Jahren 2020 und 2021. Hätte man noch vor zwei Jahren jemandem gesagt, dass Menschen mit Ausgehverboten, Unternehmer mit behördlichen Geschäftsschließungen und Bürger mit einem verpflichtenden Eingriff in die körperliche Unversehrtheit belegt werden, hätte man ihn als dystopischen Science-Fiction-Verschwörer ausgelacht. Man muss immer wieder daran erinnern, dass Ungeimpfte seit 22. November im Lockdown sind, seit zwei Monaten also.
Jetzt waren viele Eingriffe wohl notwendig, vermutlich auch alternativlos und trotz ihrer Schärfe auch angemessen. Im Nachhinein wird man (immer klüger) auch erkennen, dass manches überzogen war. Doch der Staat muss sich nach der hoffentlich bevorstehenden Auflösung der Pandemie rasch wieder auf seine Funktion zurückziehen: den Schutz des privaten Eigentums, die Sicherung der öffentlichen Ordnung und der sozialen Sicherheit im Land. Viele Corona-Gesetze wurden als sogenannte Sunset-Klauseln beschlossen, die mit Zeitablauf oder bei Eintreten eines Zieles wieder außer Kraft treten.
Dennoch wäre es schön, wenn bei den Reden zur Impfpflicht heute im Parlament einen Schritt weiter gedacht würde. Einen Schritt in Richtung eines Rückzugs des Staats über die vorpandemische Situation hinaus. Denn gerade in Österreich ist die Regelungsdichte von der Wiege bis zur Bahre groß wie fast nirgendwo.
Bisher haben alle Regierungen die Reform des Vorschriftendschungels in ihre Pläne aufgenommen, meist sind die Bemühungen aber auf den ersten Metern stecken geblieben, sei es beim Föderalismus, beim Gewerbe- oder Arbeitsrecht. Und bei der Ökologisierung droht ja schon eine neue Regulierungswelle. Der Staat hat gezeigt, dass er in der Krise stark im Nehmen von Freiheiten ist, jetzt müsste er auch besonders eifrig im Geben sein.
Kommentare