Der rote Husarenritt

Der rote Husarenritt
Die SPÖ-Zentrale in Wien wurde von Hans Peter Doskozil ausgebremst. Für die Sozialdemokratie ist das insgesamt ein waghalsiges Manöver
Martin Gebhart

Martin Gebhart

„Es ist ein desaströses Bild, das wir derzeit abgeben.“ In der SPÖ ist das zuletzt zu einem Stehsatz geworden. Kaum ein Interview, bei dem sich führende Funktionäre nicht selbstkritisch auf die Brust geklopft haben. Der Machtkampf zwischen Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil, zwischen Wien und Eisenstadt, hat tiefe Spuren hinterlassen. Und der Partei massiv geschadet, sodass sie zuletzt mit Themen gar nicht mehr punkten konnte. Verantwortlich sind aber nicht nur die beiden Proponenten, sondern auch all jene Spitzenfunktionäre, die in den vergangenen Jahren zugeschaut und diese Entwicklung zugelassen haben.

Letztendlich wurde die SPÖ-Zentrale in der Wiener Löwelstraße von den Burgenländern ausgebremst. Hans Peter Doskozil hat mit seiner Forderung, die Führungsfrage mithilfe eines Mitgliederentscheids zu lösen, die SPÖ-Granden in der Bundeshauptstadt auf dem falschen Fuß erwischt. Nicht nur, weil eine sozialdemokratische Partei nur sehr schwer gegen ein Votum der Basis argumentieren kann. Vielmehr wurde der starken Wiener Stadtpartei auch gezeigt, wie sehr sich die rote Welt in Österreich weitergedreht hat. Die Tage, da Wien allein den Ton in der Partei vorgibt, sind vorbei. Die kleine Eisenstädter Landespartei hat die vergangenen Jahre genutzt, um mit anderen Bundesländern SP-interne Achsen zu schmieden. Als Hans Peter Doskozil am Dienstag per Brief die Mitgliederbefragung gefordert hat, war bereits klar, dass die Mehrheit der Landesparteien genauso für diesen Weg ist. Für Bürgermeister Michael Ludwig und seine SPÖ muss das ein Déjà-vu gewesen sein. Als im Jahr 2016 SPÖ-Kanzler Werner Faymann von Christian Kern abgelöst wurde, waren es auch die Bundesländer, die mit raschen Beschlüssen den Wechsel abgesegnet hatten. Der damalige Wiener Bürgermeister Michael Häupl musste schließlich zähneknirschend zur Kenntnis nehmen, dass sein Nachfolgefavorit Gerhard Zeiler keine Chance mehr hatte.

Auch wenn man sich jetzt im Parteipräsidium – vielfach schweren Herzens – auf den gemeinsamen Weg der Mitgliederbefragung mit anschließendem Parteitag geeinigt hat, ist es für die SPÖ ein waghalsiges Manöver. Da ist einmal der innerparteiliche Wahlkampf, den Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil in den kommenden Wochen durchziehen müssen, inklusive weiterer Kollateralschäden für die Sozialdemokratie. Dann wird seit Dienstag heftig diskutiert, wie mit dem Mitgliedervotum umgegangen werden muss, wie bindend es für den Parteitag sein wird. Und dann sind da noch jene Kräfte, vor allem in der Gewerkschaft, die gerne eine dritte Person als Ausweg hätten. Dafür allerdings hat man zu lange gewartet, so eine Personalrochade wird vor der Nationalratswahl 2024 nicht mehr erklärbar sein.

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