Das Rennen um die Hofburg ist gestartet

Präsidentschaftskanzlei, Hofburg
Nikolaus Lehner

Nikolaus Lehner

Grundsätzlich wird das Amt des Bundespräsidenten in seiner Bedeutung bei Weitem überschätzt

von Dr. Nikolaus Lehner

über die Präsidentschaftskandidaten

Zwei Umstände scheinen mir besonders bemerkenswert in der Umfrage, welche im KURIER am 7. Februar veröffentlicht wurde: zum einen, dass der Bekanntheitsgrad von Griss und Hofer erst bei +/– 30 Prozent liegt und dass Van der Bellen für die Hälfte der Wähler noch immer unabhängig ist. Inwiefern Van der Bellen als unabhängig gelten kann, ist mir ein Rätsel und ich fürchte für ihn, dass sich die Meinungsforscher wieder einmal geirrt haben.

Da Richard Lugner sich entschieden hat, bei der Bundespräsidentenwahl anzutreten, wird der Wahlkampf jedenfalls bunter, schräger, schriller, amerikanischer werden. Er wird voraussichtlich zwar nicht neuerlich – wie im Jahre 1998 bei seinem 1. Versuch in die Hofburg zu gelangen – ca. 10 Prozent erreichen, weil schließlich diesmal weitere fünf ernst zu nehmende Kandidaten antreten, aber sein Bekanntheitsgrad ist (derzeit) jedenfalls höher als von Griss und Hofer.

Stichwahl

Ich gehe jedoch davon aus, dass es Griss – und zwar ohne jede Parteiunterstützung – gelingen wird, ihren Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung zu erhöhen und es wegen ihrer Überparteilichkeit schaffen wird, in die Stichwahl zu kommen. Wer ihr Gegner in dieser Stichwahl sein wird, kann derzeit seriöserweise niemand sagen.

Grundsätzlich wird das Amt des Bundespräsidenten in seiner Bedeutung bei Weitem überschätzt, weil die politischen Entscheidungen noch immer im Parlament fallen, da die Agenda des Bundespräsidenten in der Verfassung doch nur in wenigen Punkten entscheidend ist.

Die Politikverdrossenheit und die Enttäuschung der Wähler über die herrschenden politischen Parteien ist so stark, dass ich aus diesen Gründen Dr. Griss größte Chancen zubillige, sobald einmal in der Öffentlichkeit durchdringt, dass Van der Bellen doch kein unabhängiger Kandidat ist.

Partei-Strategie

Einen großen Fehler sehe ich bei den beiden Regierungsparteien, denn diese hätten vor Beginn des (teuren) Wahlkampfes die Möglichkeit gehabt, sich auf einen unabhängigen gemeinsamen Kandidaten zu einigen, z. B. Griss.

Bei der ÖVP war dies wegen des Drucks, den Erwin Pröll für seine eigene Kandidatur entwickelt hat, nicht möglich, aber die SPÖ hätte diese Chance gehabt. Wenn es der SPÖ und der ÖVP nicht gelingt, alle ihre Stammwähler zu mobilisieren, dann kommt weder Hundstorfer noch Khol in die Stichwahl.

Khol hat das große Problem, dass er als Kandidat zweiter Wahl gilt. Ich bin sicher nicht der Einzige, der es begrüßen würde, dass die beiden Kandidaten der Regierungsparteien nicht in die Stichwahl kommen, weil sich sonst nichts ändern würde. Der Medienrummel um die Bundespräsidentenwahl lenkt leider von den eigentlichen wesentlichen Problemen ab, die Österreich hat, vor allem der Lösung der Flüchtlingsfrage.

Abschließend halte ich fest, dass ich es ungeheuerlich finde, dass die Stadt Wien über 1 Million Euro netto für die Bundespräsidentenwahl "locker"- macht, weil was hat die Stadt Wien mit der Hofburg zu tun, außer, dass diese mitten in Wien liegt? Es sei denn, sie unterstützt den Wahlkampf des roten Kandidaten Hundstorfer.

Prof. Dr. Nikolaus Lehner ist Jurist und Kunstliebhaber,war 45 Jahre in Wien als Anwalt tätig.

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