Der Westen steht vor dem Dilemma: Soll er in der Auseinandersetzung mit Putin, der die Neuordnung der Welt post Mauerfall nach seiner Façon revidieren will und dafür ein friedliches Volk mit archaischer Gewalt ins Unglück stößt, entschlossen Stärke zeigen? Oder soll er den russischen Bären nicht zu sehr reizen und eher schauen, wie der gesichtswahrend aus seiner Nummer wieder raus kommt?
In Wahrheit darf die zweite Frage gar nie gestellt werden. Appeasement, und da braucht es gar nicht den Hinweis auf die Geschichte, funktioniert nicht. Nicht bei einem wie Wladimir Putin. Die einzige Gesichtswahrung, die ihn interessiert, ist die zu Hause in Russland, und die heißt: die Ukraine besiegen.
Einer wie Putin versteht nur die Antwort der Stärke. Und wenn man die Stärke nicht hat in diesem ungleichen Konflikt – auch, weil der Westen nicht wie Putin auf Krieg, Massenmord und die Drohung mit Atomwaffen setzen kann und will –, dann muss man sie sich anderswie zulegen.
Da wäre die Geschlossenheit im Auftreten, wie sie in den letzten Tagen überraschend stark demonstriert wurde. Da wären die Waffenlieferungen an die Ukraine, die spät kommen, aber ein Signal an den Kriegstreiber sind, dass er mit seinem bisher holprigen Krieg auf noch mehr Widerstand stoßen wird. Da sind die Sanktionen, auf die sich Putin zwar vorbereitet hat, aber die, je näher sie seinem Umfeld kommen, offenbar Auswirkungen zeigen werden (Putin hat auf Sanktionen schon gelassener reagiert).
Dem russischen Bären etwas „anbieten“, damit er von seinem Opfer Ukraine ablässt, den Kopf einziehen in der Hoffnung, dass er vom Verschlingen der Ukraine absieht oder nach dem Verschlingen nicht mehr hungrig ist, wäre das Eingeständnis, dass das Recht des Stärkeren die Stärke unserer Rechtsstaaten und ihres Miteinander ablöst.
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