Das Kaufhaus Österreich darf nicht sterben!

Internet- und Versandhandel ist dauerhafter Gewinner der Coronakrise
Die Idee war richtig, die Umsetzung eine Katastrophe – dennoch dürfen wir den Onlinehandel nicht den US-Giganten überlassen.
Bernhard Gaul

Bernhard Gaul

Keine Sorge, das ist kein Plädoyer, das völlig untaugliche Projekt der Wirtschaftskammer und des Wirtschaftsministeriums weiter am Leben zu halten. Jeder hatte seinen Spaß mit der Seite kaufhaus-oesterreich.at. Wenn man etwa anfangs nach E-Bikes gesucht hat und das Ergebnis mehrere Lama-Verleiher waren, hat das wohl viele zuerst köstlich amüsiert, und dann schockiert, mit welch unterirdischer Kompetenz dieses Projekt offenbar betrieben wurde.

Wenn nun der Neue in der Regierung, Digital-Staatssekretär Florian Tursky, sagt: "Die Vergangenheit hat gezeigt, dass ein Kaufhaus Österreich nicht notwendig ist", so ist das wiederum beschämend.

Der Online-Handel wächst überall rasant, ganz einfach weil dieser Handel keine Öffnungszeiten kennt und immer erreichbar ist, die Warenlager unendlich scheinen und das Kundenservice nicht bequemer sein könnte.

56 Prozent der Österreicher kaufen inzwischen auch online ein. Auch der österreichische Internet-Einzelhandel konnte seinen Umsatz im Jahr 2020 auf 4,2 Milliarden Euro steigern - ein Plus von 10 Prozent. Die heimischen Online-Shops profitieren davon jedoch nur begrenzt, da mehr als jeder Zweite auch außerhalb des Landes einkauft und so den Kaufkraftabfluss erhöht. Laut Schätzung von RegioData verbleiben nur noch 36 Prozent der Online-Ausgaben der österreichischen Konsumenten bei heimischen Händlern.

Deshalb darf das Kaufhaus Österreich nicht sterben. Wir dürfen den Onlinehandel nicht den USA (und dem europäischen Ausland) kampflos überlassen. Nicht nur, weil der Kaufkraftabfluss ein immer größer werdendes Problem wird, sondern auch weil es nicht sein kann, dass wir als Wirtschafts- und Handelsstandort den Kunden sagen müssen, probieren sie es doch beim Nachbarn, wir können das nicht.

Die Grundidee, eine Plattform für österreichische Händler zu schaffen, auf der Österreicher lieber als bei Amazon einkaufen, ist ja noch immer nicht falsch. Shöpping hat da zweifellos gute Ansätze, nur ist die Auswahl noch beschränkt. Aber wofür haben wir die aufgeblähte Wirtschaftskammer, wenn sie so eine Plattform nicht gebacken bekommt? Wo jeder heimische Händler seine Ware anbieten kann, wo es ein Login für alle Geschäfte gibt? Es ist nicht akzeptabel, dass wir das Onlinegeschäft aufgeben.

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