Das Ende der Kreidezeit
Weil wir in einer Zeit leben, die analog nicht mehr funktioniert, und digital noch nicht.
Da habe ich einigen aus der Seele geschrieben. "Gut gebrüllt, Löwe", mailt mir Schuldirektor Erich T.: "90 Prozent Bürokratie, Online-Verwaltung, Administration und 100 Prozent Frustration". Schuldirektorin Petra St. schildert: "Wenn eine Lehrerin eine Dienstreise abrechnen möchte, muss sie händisch drei Formulare ausfüllen und zwei Ausdrucke des Routenplaners beilegen, Hinweg und Rückweg, dann fährt der Schulwart mit dem Kuvert zur Schulbehörde, obwohl die Lehrerin dieselbe Dienstreise auf Punkt und Komma genau bereits auf dem Verwaltungs-PC eingetippt hat. Ist das nicht irre?"
Eh. Da fahren also in ganz Österreich Hunderte, ja Tausende Schulwarte zwei Mal pro Woche mit sogenannter Dienstpost quer durch das Land, obwohl die Hälfte der Post aus Zetteln besteht, die digital längst sind, wo sie hin gehören. Warum das so ist, und zwar nicht nur dort, nicht nur in der Schule? Weil wir in einer Zeit leben, die analog nicht mehr funktioniert, und digital noch nicht; und all das in einem Klima des allgemeinen, uns alle entmündigenden Smarttrottelmissbrauchs.
Den Blick in jeder Lebenslage fest auf dein Display geheftet, ergibst du dich einem Navi, das dich regelmäßig in die Pampa lotst; du lässt dich von einem Callcenter, in dem kein Mensch mehr sitzt, mittels Tonband sieben Stunden im Kreis schicken ("...dann wählen Sie bitte die Drei"), bevor es für genau deine Frage keine Antwort gibt; du kämpfst mit Do-it-yourself-Supermarktkassen, die deine Radieschen nicht erkennen, mit Online-Check-in und Telebanking, fährst mit Öffis, die mehr stehen als fahren, weil ihnen parkende Einfamilienhäuser auf Rädern nonstop den Weg verstellen, und lebst in einem Ort, der keinen Kern mehr hat, dafür viel Peripherie mit McDonalds und Business-Park… All das in meinem neuen Buch, ab morgen im Handel ;-)
Niki Glattauer: "Ende der Kreidezeit – Ein bisschen Schule – und der irre Rest des Lebens". Brandstätter Verlag Wien/München,€ 24,90; 196 Seiten. Mit 15 Bildern von Verena Hochleitner. Hardcover mit Schutzumschlag.
Kommentare