Oder anders: Wieso haben die jeden Tag mit Mann und Maus sinkenden kleinen Flüchtlingsboote nicht dieselbe Aufmerksamkeit? Hätte ein U-Boot mit Migranten, das auf dem Weg nach Lampedusa verschwindet, auch Doppelseiten gefüllt und Hilfskohorten angezogen? Und wer schämt sich für den offenkundigen Zynismus?
Beginnen wir mit den Medien: Das Unglück in Griechenland mitsamt der Frage nach der Verantwortung wurde groß „gecovert“, wie das im Jargon heißt. Aber es stimmt: Die täglichen Toten im Mittelmeer sind längst unter der Wahrnehmungsschwelle von Zeitungen, Fernsehsendern – und übrigens auch den Bespielern und Besserwissern in den sozialen Medien.
Was es in Medien wohl gibt: Die ausführliche Befassung mit der Migrationsthematik, der (verschleppten) Suche nach Lösungen. Das ist mehr, als das reflexartige Bellen gegen die bösen Medien und die Politik bringt. Es ist nun einmal Praxis: Die Nachricht vom Treppensturz mit Promifaktor erzielt mehr Aufmerksamkeit als der Hauseinsturz in, sagen wir: Bangladesch. Kommt Letzterer häufig vor, stumpfen Medien und Konsumenten ab. Das gilt auch für die täglichen Tragödien auf dem Mittelmeer (ein U-Boot dagegen verschwindet nicht alle Tage): Würde jede dokumentiert, gäbe es kaum noch jemanden, der sie lesen/sehen würde.
Das kann man mögen oder nicht. Aber es erklärt, warum die Frage, ob da Menschenleben nicht unterschiedlich gewichtet werden, falsch gestellt ist.
Trotzdem bleibt Unbehagen. Weil mit dem Aufwand, mit dem nach den U-Boot-Milliardären gesucht wurde, theoretisch – lässt man Geografie und Zuständigkeit beiseite – eine Menge x an Migranten gerettet werden könnte. Sich die Botschaft, man könne ja nicht alle Bootsflüchtlinge …, relativiert. Auch wenn die Umstände ganz andere sind. Und bei allem Fingerzeigen auch diese Verhältnismäßigkeit klar sein muss: In den Tod geschickt werden sie nicht von Politikern und einer uninteressierten Gesellschaft, sondern von Schleppern und deren mörderischen Gier.
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