Bunter Vogel unter Pinguinen

Einen schrillen Anzug kann man kaufen. Den Mut, ihn zu tragen, nicht.
Simone Hoepke

Simone Hoepke

Einen schrillen Anzug kann man kaufen. Den Mut, ihn zu tragen, nicht.

von Mag. Simone Hoepke

über bunte Vögel und Pinguine

Während ich auf der Couch liege und mich frage, wie ich die Kekse aus der Prinzenrollen-Packung bekomme, ohne die Brösel im halben Wohnzimmer zu verteilen, machen andere Sinnvolleres.

Studieren zum Beispiel. Ein Freund lädt öfter zu diversen Studienabschluss-Feiern ein als andere zu Geburtstagen. Er sammelt Titel wie ich Treuepickerl beim Bäcker. Das wissen aber nur gute Freunde. Weil unser Herr Gescheit im Grunde auf seine Titel so viel Wert legt wie auf Visitenkarten. Keine.

Letztere hält er für eine einzige Umweltverschmutzung. Weil sie die meisten Menschen routiniert beim nächsten Mistkübel entsorgen. Nur wer sich gern kübeln lässt, verteilt also Visitenkarten, so sein Schluss. Michi ist mehr der unkonventionelle Typ.

Auch anziehtechnisch.

Neulich, bei der Promotionsfeier hat er enttäuscht. Alle Doktoranden wackeln wie die Pinguine in schwarzen Roben in den Festsaal der Uni. Michi sticht mit seinem königsblauen Anzug aus der Horde. Für jene, die wissen, dass er grellgelbe oder pinke Anzüge im Schrank hängen hat, eine einzige Enttäuschung.

Es folgen Reden von Würdenträgern. Ich kann ihnen nicht vorwerfen, dass sie Unsinn reden. Ich verstehe kein Wort. Es ist Latein. Dann die Rede des Rektors. Deutsch, endlich. Er sagt, dass Michi ein ganz besonderer Student ist und er dankbar ist, dass er ihn sechzehn Jahre begleiten durfte. Mitleidige Blicke im Auditorium. Sprechblasen über den Köpfen: "Die armen Eltern! Na wenigstens ist er doch noch fertig geworden ..." Dass er im Laufe der Zeit nicht nur zwei Doktortitel, sondern noch vier andere Studien abgeschlossen hat, weiß ja keiner. Michi amüsiert sich köstlich.

So wie diese Woche beim BUWOG-Prozess. Als er in einem Anzug von Vivienne Westwood auftaucht, der von oben bis unten mit Pfund-Scheinen bedruckt ist. Nicht schlecht für einen Prozess, in dem es um Bestechung geht.

Der textile Beweis, dass er keine Visitenkarten verteilen muss, um anderen im Gedächtnis zu bleiben.

Und dafür, dass man Mut nicht kaufen kann.

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