Brüssel verdient ein Bravo für neue Steuer
Die EU nimmt die irre Zockerei mit den eigenen Waffen ins Visier
Im Jahr 5 nach dem fast letalen Crash der Finanzwirtschaft macht die EU ernst: Hochspekulative Derivate werden in elf Ländern, allen voran auch in Österreich, besteuert. Die Finanzministerin jubelt: „Ein großer Verhandlungserfolg für Österreich.“ Der Kanzler freut sich: „Ein Schritt in die richtige Richtung.“ Selbst der Wirtschaftskammerchef applaudiert der Einführung einer neuen Steuer: „Ein wichtiger Beitrag gegen schädliche Spekulation und fürs Budget.“
Einhelliger Applaus für Good News aus der EU ist selbst in der Regierung selten geworden. Die dürre Faust gestreckt gegen Europa gehörte hierzulande bisher zum Standard-Repertoire von Fundamental-Oppositionsführern wie Strache & Stronach. Neuerdings versucht sich ausgerechnet EU-Staatssekretär Reinhold Lopatka als Leithammel der Schlechte-Stimmung-Macher. Zuletzt agitierte er gegen Österreichs EU-Nettozahlungen nach Brüssel derart heftig, dass ihm selbst Parteifreunde dazwischenfuhren. „Ziemlich unangebracht“, findet Ex-VP-Grande Franz Fischler Lopatkas Nörgelei.
Über die neue EU-Finanztransaktionssteuer muss man ja nicht gleich in Jubel ausbrechen. Der Promilleanteil, den Fekter & Co künftig auf spekulative Geschäfte draufschlagen, wird diesen nicht den Garaus machen. Aber die Steuer wird hemmungslose Zocker, die längst in Millisekunden dealen und in Promille-Gewinnspannen kalkulieren, mit den eigenen Waffen ins Visier nehmen.
Im spekulativen Hochfrequenzhandel wird neuerdings in 60 statt 65 Millisekunden gedealt. Im Vorjahr wurden deshalb zwischen New York und London 6000 km neue Unterseekabel verlegt, um diese paar Millisekunden zu gewinnen. Die dafür investierten hundert Millionen Dollar werden sich jetzt langsamer rechnen.
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