Breiter Rücken, weiße Weste: Die schwierige Suche nach einem Justizminister

Bundesministerium für Justiz
Die Idee von Blau-Türkis, das Ressort unabhängig zu besetzen, wurde verworfen. Die SPÖ soll das Justizministerium besetzen dürfen - aber wer bringt das entsprechende Profil und Standing mit?
Raffaela Lindorfer

Raffaela Lindorfer

Die ÖVP will also der SPÖ die Justiz überlassen. Jene ÖVP, die (in Person von Ex-Kanzler Sebastian Kurz) vor nicht allzu langer Zeit meinte, die Justiz sei durchdrungen von „roten Netzwerken“. Ernsthaft? Ist das eine Falle?

Der- oder diejenige Rote bräuchte in dem Job jedenfalls einen breiten Rücken. Breiter als der von Alma Zadić, die sich als Grüne stets als „Beschützerin der unabhängigen Justiz“ in Szene gesetzt hat. Und wenn’s politisch heiß wurde und es öffentlich Position zu beziehen galt, lieber die grüne Justizsprecherin aus dem Parlament vorgeschickt hat.

Tatsache ist: Die kommenden fünf Jahre werden für die Justiz nicht minder ereignis- und konfliktreich. Die Ermittlungen zur Signa-Pleite dürften zentrales Thema werden – inklusive aller politischen Verstrickungen. Zudem werden dieser Legislaturperiode – realistisch oder nicht – Anklagen in der ÖVP-Inseratencausa erwartet; und in naher Zukunft schon sollen die zweitinstanzlichen Entscheidungen in der Endlos-Causa Buwog fallen. Hinzu kommen Missstände im Strafvollzug, Personalmangel bei den Gerichten, ausstehende Reformen im Kindschafts- bzw. Eherecht und und und.

In der Branche war man dem Vernehmen nach gar nicht unglücklich mit dem Justiz-Programm, das die gescheiterten Verhandler von ÖVP und FPÖ konzipiert haben. Darin fanden sich einige Reformen, die zwar fad, aber richtig und wichtig seien für den täglichen Justizbetrieb, heißt es da.

Die Idee, dass ein „fader“ – weil parteifreier – Minister diese Dinge umsetzen sollte, war so gesehen eine gute. Ein möglichst unauffälliger Charakter, der das Schlachtschiff Justiz mit ruhiger Hand lenkt, fachlich ein Standing hat und sich nicht mehr profilieren will. Man wird ja noch träumen dürfen.

Wird die Position nun doch parteipolitisch besetzt, dann sollte es schon ein schweres Kaliber sein – ein Roter mit dem eingangs erwähnten „breiten Rücken“. Und, bei allem Respekt: In der SPÖ und im SPÖ-nahen Bereich drängt sich da kein Kandidat auf. Und wenn, dann ist sie oder er klug genug, sich jetzt, in der Endphase der Verhandlungen, möglichst ruhig zu verhalten. Jene Namen, die aktuell medial kolportiert werden (siehe oben), dürften eher in die Kategorie „Personen, die genannt werden, damit sie’s dann nicht werden“ fallen.

Und freilich sollte sich die SPÖ ehrlich fragen, ob sie als Partei über jeden Zweifel erhaben ist. Immerhin hat ein Justizminister die oberste Weisungsbefugnis bei Strafverfahren und ist rasch dem Verdacht ausgesetzt, die eigenen Leute schützen zu wollen. Zuletzt stand die ÖVP mit ihren Inseratendeals im Fokus. Aber das Blatt kann sich auch wenden. Schlag nach bei Ibiza.

Kommentare