Happy Valentine
Feiertage & Co. verlieren auf einer Weltreise ein wenig an Bedeutung. Unser Nationalfeiertag war den Leuten in El Salvador ziemlich Banane, bei meinem Weihnachtsessen saßen ein Taiwanese und zwei US-Amerikaner am Tisch und zu Silvester habe ich Menschen ein gutes Jahr gewunschen, deren Vornamen ich nicht kannte. Aber dann kam Twizel, dann kam der Valentinstag.
Das Youthhostel dieser nichtssagenden Kleinststadt mitten auf Neuseelands Südinsel besteht aus mehreren Barracken, die einst die Arbeiter des großen Hydraulikkraftwerkes beheimateten. Genau genommen wurde die Stadt 1968 gegründet, weil mit dem Bau des Projektes begonnen wurde. Da kann man auch niemandem verübeln, es als historic place zu bezeichnen. Heute ist dieses riesige YHA-Hostel die perfekte, weil nie volle, Alternative zu den stets überbelegten YHAs bei Mount Cook und Lake Tekapo. Aber widmen wir uns den Barracken: Schlauchförmig reiht sich ein Zimmer an das nächste, am Ende jedes Gebäudes sind rechts Küche und Aufenthaltsraum, links das Fernsehzimmer und vor dem Ausgang das Bad.
Am Valentinstag setzte ich mich zum Tisch vor dem Ausgang. Es ging mir sehr gut, ich wuzelte mir eine Zigarette. (Das Wuzeln habe ich gerade für mich entdeckt. So muss ich mit dem Rauchen nicht aufhören, wozu ich mich nicht bereit fühle, kann aber dennoch mein Rauchverhalten ändern) Die Sonne schickte ihre letzten Tagesstrahlen durch das Blätterdach eines Baumes. Ich entzündete das dritte selbstgedrehte Kunstwerk meines Lebens und widmete mich dem Grund meines Freiluftaufenthaltes, ich begann meine Schuhe einzufetten.
Aus der offenen Badezimmer-Oberlichte der Nebenbarracke hörte ich eine Dusche plätschern. Durch das Milchglas schimmerte schwach das Licht, vielleicht hätte es stärker gewirkt, wenn die Sonne schon ganz weg gewesen wäre. Aber dann wäre ich auch nicht draußen gesessen. Ich genoss die Stimmung und fettete mein Schuhwerk, zuerst die Halbschuhe, dann die Trekkingschuhe, beide aus Leder. Aus der offenen Badezimmer-Oberlichte der Nebenbarracke drang plötzlich nicht mehr nur Licht und Wassergeplätscher. Eine junge weibliche Stimme schien ihre Dusche zu genießen. Meine Verzückung wich schnell dem Erstaunen. Diese junge weibliche Stimme genoss ihre Dusche extrovertiert. Bald wurde daraus ein gleichmäßiger, recht lauter Genuss. Ein junges, weibliches Stöhnen harmonierte mit dem rhythmischen Plätschern-Stoppen-Plätschern des Duschwassers. Ich glaube, mein Gesichtsausdruck wandelte sich gerade wieder zu Entzückung, da setzte ein drittes Geräusch in die Harmonieorgie ein: Fleisch klatschte an Fleisch, in besagtem Rhythmus.
Natürlich war ich kurz ein wenig dings und dachte daran, diese Szene den Protagonisten zu überlassen. Aber irgendwie war ich zuerst da. Und man darf sein Glück als Mann in den allerbesten Jahren auch auf einer Weltreise nicht mit Füßen treten. Also zog ich von der Gewuzelten, genoss das große Kino und fettete weiter meine Schuhe ein. Als aus der offenen Badezimmer-Oberlichte der Nebenbarracke ein tiefes Stöhnen plötzlich den vermeintlichen Schlussakt verkündete, und als die Akteure zu sprachen begannen, als ich französische Worte erkannte, dachte ich mir kurz: "Das geht zu weit, das ist zu persönlich." Ich fühlte mich schmutzig, nicht nur wegen des Schuhfetts an meiner Hose. "Aber andererseits", dachte ich. Und entzündete die erloschene Selbstgewuzelte erneut. " Happy Valentine", flüsterte ich schmunzelnd. Und fettete weiter meine Schuhe ein.
Die Route bisher: Wien - Madrid (Spanien) - San José (Costa Rica) - Tortuguero - Puerto Viejo - Manzanillo - Vulkan Arenal - Monteverde - San Juan del Sur (Nicaragua) - Isla Ometepe - Granada - SOS Kinderdorf Santa Ana ( El Salvador) - Quezaltenango (Guatemala) - Puerto Arista (Mexiko) - Oaxaca - Mexiko City - Lima (Peru) - Paracas - Nasca - Arequipa - Puno/Titicacasee - Isla Amantani - Cusco - Machu Picchu - Lima - Punta Arenas (Chile) - Tierra del Fuego, chilenischer Teil - Ushuaia (Argentinien) - Isla Carlos III. (Chile) - Puerto Natales - Torres del Paine - El Calafate (Argentinien) - Buenos Aires - Mendoza - Valparaiso (Chile) - Santiago de Chile - Auckland (Neuseeland) - Wellsford - Ngunguru - Tutukaka - Kawakawa - Paihia - Kaitaia - Cape Reinga - Matakohe - Tauchkurs in Tutukaka - Peninsula Coromandel - Auckland - Taupo - Napier - Wellington - Fähre auf die Südinsel - Picton - Takaka - Kaiteriteri - Punakaiki - Arthur's Pass - Christchurch - Twizel - Aoraki/Mount Cook, nächstes Ziel: Dunedin.Schnäppchen dieser Tage: Rindfleisch. Entgegen der europäischen Konditionierung "Schwein billig, Rind teuer" kostet das Pork in Neuseelands Supermärkten um rund zehn Prozent mehr als das Beef. An sich logisch, muss doch fast jedes Schweinderl auf die Inseln der Millionen Kühe importiert werden. Aber dennoch ungewohnt. Daher: Rind essen!
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