Viennafair: Im Gebälk der Kunstindustrie

Podiumsdiskussion im Kuppelsaal der TU Wien
Die Nüchternheit, mit der Wirtschaftsprofis beim "International Art Industry Forum" in Wien über Kunst sprechen, ist man als Kulturredakteur nicht gewohnt.
Michael Huber

Michael Huber

Der  Kuppelsaal der TU Wien ist ein passender Ort, um über die Mechanismen des Kunstbetriebs zu sprechen:  Während auf der " Viennafair" die Galerien auf Kulissenwänden Kunst präsentieren, kann man hier ins Gebälk blicken. Und technisch ging es auch zu beim  „International Art Industry Forum“, bei dem am Donnerstag Kunstmarktexperten aus aller Welt - vor allem aber aus London und New York -  aktuelle Trends des Kunstgeschäfts diskutierten. Die Nüchternheit und Rationalität im Reden über Kunst, die hier zu erleben war, kann  in der heimischen Szene als völlig neu gelten.

„Ich träume davon, dass Kunst in der selben Liga landet wie eine Louis-Vuitton-Tasche“, antwortete da etwa der  Deutsche Christian Roehl vom Essener „Sustainable Wealth Lab“ auf die Frage nach seiner „emotionalen Vision“.  Manager  von  Kunst-Fonds  führten am Symposium in fast erfrischender Klarheit   vor Augen, dass  die Kunstwerke in Messen und Galerien, aber auch  die meisten  Privatleihgaben in Museums-Ausstellungen heute an den Fäden vielfältiger Finanzinteressen hängen:  „So schaffen wir Wert“, sagte Serge Tiroche, dessen Fonds Kunst aus Entwicklungsländern kauft und weltweit an Museen verleiht. 

Nicht so schnell

Als Stimme der Institutionen hatte MAK-Direktor Christoph Thun-Hohenstein bereits bei der Eröffnungsdiskussion des Symposiums am  Vorabend Entschleunigung eingemahnt: Die Nachfrage nach immer mehr marktfähiger „Ware“ würde zu immer flacherer Kunst führen, was letztlich auch den Markt untergrabe.

Das Thema Nachhaltigkeit führten freilich viele Experten im Mund, wenn auch  mit  unterschiedlichen Motiven: Auch Roehl - der  Finanzexperte erschien übrigens selbst mit einer Louis-Vuitton-Tasche am Podium -  betonte mehrmals dass Kunst eben keine normale Ware sei, dass langfristiges Denken nötig und das Schielen auf schnellen Ertrag verfehlt sei. Zugleich trug er - gemeinsam mit vielen anderen Sprechern - die Hoffnung auf eine "Demokratisierung" und eine erhöhte Transparenz des Kunstbetriebs im Mund.

Doch dieselben Vokabel müssen nicht immer dassselbe bedeuten: Wo Roehls Begriff der "Demokratisierung" auf den Hoffnungsmarkt der Kunstdrucke und Editionen (= die Louis-Vuitton-Taschen des Kleinen Kunstfreunds) zielte, hatte die Fondsmanagerin Miriam Mascherin, die sich mit ihrer Firma "Elite Advisers" den Begriff "Passion Investment" patentieren ließ, wohl eher neue reiche Kunden im Sinn. Welche Facetten der " Kunstindustrie" auch wirklich Kulturgut werden, kann nur die  Zeit zeigen.

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