Documenta-Blog 3: Hänsel und Gretel

In diesem alten Häuschen verbirgt sich ein Archiv zum Thema "Kunst und Tiere..."
Die Gebrüder Grimm sind nicht offizielle Teilnehmer der Documenta, einen Märchenwald gibt es trotzdem.
Documenta-Blog 3: Hänsel und Gretel

Kassel ist nicht nur die Stadt der Documenta, sondern auch jene der Gebrüder Grimm, die hier lange Zeit lebten und wirkten. Heute gibt es hier ein Grimm-Museum, das zur Zeit der Documenta stets von der Gegenwartskunst geentert wird. Diesmal ist es der bulgarische Künstler Nedko Solakov, der mit seiner Installation "Knights (and other dreams)" die wohl witzigste Arbeit der ganzen Schau abgeliefert hat.

Passenderweise geht es um Ritter, und zwar in allen Erscheinungsformen - Live-Rollenspieler, Mitglieder des Malteserkreuz-Ordens, teutonische Neonazis etc. Sie alle hat Solakov aufgesucht, interviewt, gefilmt - nur als gerade kein Tempelritter zur Hand war, verkleidete er einen alten Freund als solchen. In Ritterrüstung versucht Solakov dann auch noch, sich einen alten Traum zu erfüllen - er wollte nämlich eigentlich nie Künstler, sondern Hardrock-Schlagzeuger werden. Märchenhaft lustig ist das.

Documenta-Blog 3: Hänsel und Gretel

Abseits davon habe ich die Brüder Grimm nicht auf der offiziellen Documenta-Teilnehmer- und Referenzliste gefunden, ich bin aber recht überzeugt davon, dass der Parcours durch den Auepark, der diese Documenta wirklich auszeichnet, von ihnen inspiriert wurde. Im Park verliert man sich nämlich wie Hänsel und Gretel, und immer wieder gelangt man an Knusperhäuschen, nur dass es dort keine Pfefferkuchen, sondern eben Kunst gibt.

Bei meinem letzten Spaziergang kam ich schließlich an ein Gebäude, das von der brasilianischen Künstlerin Anna Maria Maiolino bespielt wird: Sie hat hier eine relativ normale Wohnsituation nachgestellt und über und über mit Würsten und Kipferln aus Plastillin vollgeräumt. Es hat etwas Zwänglerisches, erzählt viel von Häuslichkeit, hat eine sexuelle Note - vor allem aber kippt die Normalität wieder einmal aus allen Fugen.

Documenta-Blog 3: Hänsel und Gretel

Im hintersten Eck des Parks schließlich hätte ich Gareth Moores faszinierendes Werk fast übersehen: Ohne die üblichen Hinweisschilder, nur mit einer improvisierten Tafel wird man hier durch einen langen abgezäunten Pfad auf eine Wiese geleitet, auf der die absolute Hippie-Idylle realisiert scheint: Ein Haus, ein Tempel, ein Garten, dazu ein Zelt, genannt "Museum der unendlichen Orangenschalen" (ja - es hängen dort einfach trockene Orangenschalen von der Decke.) Bis ins kleinste Detail ist alles in diesem Örtchen aus recycletem Material hergestellt - bis hin zum "Garderobenbon" in Form einer Kastanie, den man am Eingang bekommt: Man muss nämlich alle Kameras und Handys abgeben, Fotos sind streng verboten - wohl Teil der Idee.

Alleine wegen dieses Zauberwalds wäre schon eine Reise nach Kassel zu empfehlen: Dieses ständige Kippen ins "Andere", diese Dichte an Ideen ist in gewöhnlichen Ausstellungen oder auf anderen Kunst-Festen wie Biennalen oder Messen so nicht zu erleben.

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Hintergrund

  • Hintergrund

Kommentare