Frisch, zisch: Vaginas von Chirurgenhand

Frisch, zisch: Vaginas von Chirurgenhand
Die Vagina als Styling-Faux pas? Oh ja - immer mehr Damen lassen genital schnipseln.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Die Frage ist nur, ob so ein Unterleib "von der Stange" tatsächlich mehr kann als das Naturereignis.

What a nose!", konstatierte vor sehr vielen Jahren einer, den die Welt "Michelangelo des Skalpells" kennt, als er seinerzeit meine Nase taxierte. Ivo Pitanguy, der brasilianische Schönheitschirurg, jetzt vermutlich, altersbedingt, auch nicht mehr der ruhigste am Skalpell, tat künstlich begeistert. Möglicherweise auch, weil er mir als Medizin-Journalistin bei seiner Pressekonferenz in Wien, besonders schön tun wollte. Derart umschmeichelt, dachte er sich wohl, würde die junge Dame einen Hauch unkritischer Bericht erstatten. War aber nix. Das ist, wie gesagt, lange her. Pitanguy hat meine Einstellung zur Schönheitschirurgie nicht nachhaltig verändert - ich brauch' das nicht, weil ich es nicht vielleicht irgendwo brauchen würde, sondern einfach, weil ich mich nur freiwillig unters Messer legen täte, wenn der Herr Gevatter schon dezent mit der frisch geschliffenen Sense winkt und ich mir überlegen müsste, welche Kranzschleifen am besten zu meinem Teint passen. Verständnis habe ich für Menschen mit Leidensdruck - die mit den Segelohren oder dem von Kaiserschnitten zerstörten Bauch. Die sollen sich ruhig glücklich schnipseln lassen, das ist schon okay. Was - für mich - gar nicht geht: die Muschi-Behübschung (dazu, also zum Thema "Designer-Vagina", wird übrigens am kommenden Wochenende am "Ich & Du"- Sexualkongress in Wien diskutiert, ich lese zum Thema auch aus meinem Buch "Alles. Nur nicht perfekt" das Kapitel "Im Vagina-Spa"). Doch traurig genug: Immer mehr Frauen empfinden ihre Vagina als hässlich und mangelhaft, sie sehnen sich nach einer hochstilisierten Pornoglätte, die den neuesten - kranken! - Vorstellungen des weiblichen Geschlechts entspricht: aufgeplustert, mädchenhaft außen und innen, natürlich, straff wie ein frischer Damenstrumpf. Da liegt der Gang zum "Mumu-Mann" heftigst im Trend, wo doch scheinbar alles, alles geht! Der fette G-Punkt für multiple Orgasmen (mit Hilfe einer Spezialspritze) ebenso wie die kleineren Schamlippen (mit Hilfe des Lasers - zisch, frisch). Oder überhaupt gleich der ganz große Relaunch: eine verengte, jugendliche, schmale Vagina, die vermutlich auch dem edlen Spender nicht ganz unangenehm sein wird. Neues Jungfernhäutchen, eh klar, als neckisches Jugendlichkeits-Wahn-Accessoire (Kostenpunkt für die Unschuldsvermutung, übrigens; knapp 5000 Euro). Bitteschön, nicht den Kopf schütteln, nicht wundern: Laut "American Society of Plastic Surgery" ist Vaginalchirurgie das am schnellsten wachsende Segment der Fachrichtung. In Europa, in Österreich - ebenso. Wobei… - die Männer sind auch nicht wirklich fad: Neuesten Untersuchungen zufolge nimmt jeder Zehnte Kontakt mit einem ästhetisch-plastischen Illusionskünstler auf, weil er, von Größen-Wahn gepeinigt, ein "Pimp-up-my-Penis-Programm" erwägt. Volles Rohr, yep. Na gut, wird wohl so sein. Dass "da unten" irgendwann die meisten Menschen gleich ausschauen - Genital-Look-alikes, an denen Auskenner maximal die Handschrift des tätigen Chirurgen ablesen können ("Ah, lass mich schnell raten: das ist ein klassischer Professor XY-Kitzler…."). Und trotzdem: Nicht auszudenken, was wäre, hätten alle Frauen plötzlich Null-Acht-Fünfzehn-Vaginas von der Stange. Zehn Frauen - eine Mumu! Das kann keiner wollen. Oder? Hilfe!

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