Monets "Impression": Neue Erkenntnisse
Es ist das Bild, das dem Impressionismus seinen Namen gab: Claude Monets "Impression, soleil levant". 1874 wurde es im Atelier des Fotografen Nadar erstmals öffentlich gezeigt, der Begriff "Impressionismus" war die Erfindung eines Kritikers, der ausgehend von dem Gemälde eine spöttische Bezeichnung für Monet und seine gleichgesinnten Kollegen suchte. Und doch sollte er die wohl nachhaltigste Kunstströmung auf dem Weg zur Moderne bezeichnen.
Die Ausstellung 1874 gilt als "Geburtsstunde" des Impressionismus gilt - die "Impression" selbst hat nun aber ein exaktes Geburtsdatum bekommen: Aller wahrscheinlichkeit nach gibt das Bild, das Monet von seinem Hotelzimmer aus malte, einen Blick auf den Hafen von Le Havre am 13. November 1872 um 7.35 Uhr morgens wieder. Zu diesem Schluss gelangt der US-Astrophysiker Donald Olson.
"Impression, soleil levant" ist seit 1840 Eigentum desMusée Marmottanin Paris; ab 18. September widmet das Haus seinem Aushängeschild eine große Ausstellung. Im Vorfeld wollten die Verantwortlichen einige Fragen klären: So war es lange unklar, ob das Bild 1872 (wie von Monet am unteren Bildrand vermerkt) oder doch erst 1873 gemalt wurde; Auch war das Werk bis 1965 nicht mit dem Zusatz "soleil levant" ("Sonnenaufgang") in den Bestandskatalogen angeführt, sondern hieß "Soleil couchant" (Sonnenuntergang).
Olson verknüpfte also eine Vielzahl von Informationen, um dem tatsächlichen Entstehungszeitpunkt möglichst nahe zu kommen. Über Monets Blickpunkt war einiges bekannt (er saß vermutlich in der zweiten oder dritten Etage des "Hotel d'Amirauté" am Fenster), der Sonnenstand im Bild ließ auf einen Zeitpunkt im Mitte November oder Ende Jänner schließen. Zusätzlich konsultierte der Wissenschafter noch zeitgenössische Wetterberichte und Informationen über den Stand der Gezeiten im Hafen. Selbst die Windrichtung, die auf Rauchschwaden in der linken Bildhälfte ablesbar ist, wurde in Betracht gezogen.
Kein Sonnenuntergang
Vor all diesen Hintergründen erschien der Morgen des 13. November als der wahrscheinlichste Zeitpunkt, an dem Monet die Stimmung im Hafen festhielt. Ein Sonnenuntergang sei auf Basis der vorliegenden Daten ebenfalls auszuschließen, so Olson.
Für die allgemeine Kunstgeschichte ist dieser Befund freilich nur bedingt relevant: Die Entscheidung Monets und seiner Zeitgenossen, eher momentane optische Phänomene einzufangen als durchkomponierte Ölschinken zu historischen oder mythologischen Themen zu malen, hatte viele Gründe; die Farbtheorien von Wissenschaftern Ende des 19. Jahrhunderts hatten am Impressionismus ebenso Anteil wie die Entwicklungen von Farbtuben und praktischem Malwerkzeug, die ein Malen direkt vor dem Motiv leichter möglich machten. Viele dieser Aspekte wurden von Forschern bereits umfassend ausgeleuchtet - denn der Impressionismus vermag es bis heute, zu faszinieren und zu begeistern.
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