Giuseppe Arcimboldo: Flora (1589)
Wer kennt sie nicht, die aus Blumen und Pflanzen, Gemüse und Früchten zusammengesetzten "Kompositköpfe" des italienischen Malers Giuseppe Arcimboldo (1526 - 1593). Dass zwei Gemälde mit spannender Geschichte, die seit dem Zeitpunkt ihrer Entstehung immer gemeinsam die Besitzer gewechselt hatten, bis heute noch nie in einem öffentlichen Museum ausgestellt waren, ist außergewöhnlich. Nun zeigt das Kunsthistorische Museum (KHM) die zwei Bilder der "Flora" bis zum 15. Februar 2015 im Kontext anderer zentraler Arcimboldo-Werke: Eine kleine Sensation.
Arcimboldo hatte zwei Habsburger-Kaisern gedient - Maximilian II und Rudolf II. Als Künstler war er zwar begabt, aber nie als Genie bekannt, weswegen die Kaiser für Großaufträge andere "Hofmaler", darunter etwa Hans von Aachen, beschäftigten (auch ihre Werke sind in der KHM-Gemäldegalerie zu sehen).
Arcimboldo gestaltete in deren Windschatten Dekorationen, organisierte und war auch, gewissermaßen als Styling-Berater des Kaisers, für das äußere Auftreten des Monarchen verantwortlich, erklärt Sylvia Ferino, die Leiterin der KHM-Gemäldegalerie. Und Arcimboldo entwickelte seine eigenen, vom Kaiser hoch geschätzten Bildformate, die man auch "Capricci" oder "Grilli" nannte.
1587 wurde Arcimboldo in Pension geschickt und kehrte - mit einer guten Rente und zahlreichen Ehren ausgestattet - in seine Heimatstadt Mailand zurück. Als Dank malte er schließlich 1589 das erste jener zwei " Flora"-Bilder, die nun im KHM zu sehen ist: Ein Frauenbildnis, ganz aus Blumen zusammengesetzt, die in akribischem Detail wiedergegeben sind. Jede Pflanze verdankt sich intensiven Naturstudien, die Arcimboldo schon während seiner Zeit am Hof intensiv betrieben hatte.
Die Inspiration der Figur geht auf eine Stelle in den "Fasti" des römischen Dichters Ovid zurück: Demgemäß war die Welt karg und grau, bis der Windgott Zephyr die Nymphe Chloris befruchtete und sie in "Flora" verwandelte: Sie brachte die Blumen und die Farben in die Welt.
Arcimboldos blumiges Damenbildnis war ein Hit am Hof des Kaisers, wurde vielfach gepriesen und besungen. 1591 reichte der Maler dann noch das Bild "Vertumnus" nach, heute sein vielleicht berühmtestes Gemälde: Das Bild ist ein codiertes Porträt Rudolfs II und stellt den Monarchen sozusagen als "göttlichen Gärtner" dar, der in dem Weltgarten, der von Flora schön gemacht wurde, für Ordnung sorgt. Tatsächlich behandelte der Kaiser das "Vertumnus"-Bild und das "Flora"-Gemälde stets als ein Paar.
In der Folge unterhielt sich die höfische Gesellschaft viel über die Bilder, sogar ein eigener Band mit Gedichten zur Flora wurde herausgegeben. Darin findet sich auch ein imaginierter Dialog, in dem sich die "göttliche" Flora darüber erbost, dass sie mit einer römischen Prostituierten gleichen Namens verwechselt werde. Tatsächlich gab es die Legende um eine solche Kurtisane, die mit ihrem Erbe eine Reihe von frivolen Festen in Rom finanziert haben soll.
In Anlehnung an diese Debatte schuf Arcimboldo noch eine zweite Flora, die "Flora meretrix": Sie zeigt ihren nackten Busen, und wer vor dem Original genau hinsieht, kann erkennen, dass sich auf ihren Schultern eine Eidechse, eine Schnecke und andere Tiere tummeln, die man als Symbole für Lust und Maßlosigkeit sah. Für Rudolf, in dessen Kunstsammlung immer wieder die Lust am Frivolen offensichtlich wird, war dies offenbar ein passendes Geschenk.
Doch die Schätze sollten nicht zusammenbleiben: 1648, am Ende des Dreißigjährigen Krieges, wurde die Prager Burg von den Schweden geplündert, und viele Kunstgegenstände aus der unermesslich reichen Sammlung Rudolfs II. wurden zerstreut. Das Porträt des "Vertumnus" ist heute das Aushängeschild des Schlosses Skoklosters in Schweden. Die beiden "Flora"-Gemälde waren im Inventar der Herrscherin Christina von Schweden (1618-1654) verzeichnet, gingen aber irgendwann in privaten Besitz über. 1965 wurden sie bei Sotheby's London versteigert; von dort kamen sie nach New York und weiter in eine anonyme Privatsammlung. Ein Kurator der Spanischen Fundacion Juan March wurde schließlich auf sie aufmerksam und vermittelte den Kontakt zum KHM. Hier, in Wien, lagert - mit der Kunstkammer und zahlreichen Gemälden - der größte Teil des Nachlasses aus der gerühmten Sammlung Rudolfs II. Und hier, inmitten der berühmten Arcimboldo-Gemälde der Jahreszeiten und Elemente, haben die Werke nun einen gebührenden Platz.
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