Barnett Newman: Black Fire I (1961)

Barnett Newman: "Black Fire I", gemalt 1965, 2014 verkauft um 84,165,000 US-Dollar.
Ein monochromes Gemälde, das die Welt in zwei Hälften teilt.
Michael Huber

Michael Huber

Es ist eines jener Bilder, das fein säuberlich Grenzen zieht: Hier die "Warum-ist-das-Kunst-das-kann-ich-auch" Fraktion, dort die Kaste der Eingeweihten. Barnett Newmans Gemälde "Black Fire I" - eine Leinwand, teils schwarz, teils unbemalt, unterteilt durch zwei Striche - wurde am vergangenen Dienstag bei Christie's New York um 84,165.000 US-Dollar, umgerechnet 61,3 Millionen Euro, versteigert; es ist ein neuer Rekordpreis für ein Werk des Künstlers, der 1970 verstarb.

Newmans Arbeitsweise war vordergründig simpel: Er malte große Farbflächen, die er mit einem Klebeband abgrenzte. Dieses zog er später ab - aus dem Geräusch ergab sich auch der Name, den Newman für den charakteristischen Mittel-Strich verwendete: "Zip". Der Künstler, der sich intensiv mit jüdischer Mystik und dem Schöpfungsmythos auseinandersetzte, sah in diesem "Zip" eine Art Urknall, eine Metapher jenes Moments, in dem der Schöpfer das Nichts durchteilt und Etwas entstehen lässt.

Newmans Werk kreist um diese absolute Reduktion des enorm großen, ja vielleicht größten, Themas, dessen sich die Kunst annehmen kann. Die monochromen "Zip"-Gemälde sind ein vorläufiger Endpunkt einer langen Entwicklung, alles andere als simple Gesten. Natürlich kam Newman der Geist seiner Zeit entgegen - New York hatte Paris als Kunstzentrum der Welt abgelöst und konnte neue Schöpfergötter ganz gut gebrauchen; der zeitgenössische Kunstbetrieb der 1950er Jahre reihte Newman unter die Großen Namen des heute mythenumrankten Abstrakten Expressionismus.

Barnett Newman: Black Fire I (1961)
Barnett Newman: "Black Fire I", gemalt 1965, 2014 verkauft um 84,165,000 US-Dollar.

All jenen, die sich von dem großen Ruf des großen Malers noch immer nicht beeindrucken lassen, sei ans Herz gelegt, einmal ein Newman-Gemälde im Original zu betrachten. Denn was im Foto unspektakulär wirkt, hat im direkten Erleben eine unglaubliche Brillanz: Newman wählte seine Formate höchst überlegt und setzte sie in Relation zum Betrachter; die senkrechten Striche ("Zips") sind in derart über das Bild verteilt, das Auge sie unweigerlich in Beziehung zum Bildrand oder zu anderen Strichen im Bild setzt. Zudem sind die Striche nie hundertprozentig sauber, Farbe fließt teilweise über die Grenzen. Das Bild gerät so in Bewegung, beginnt zu flimmern, scheint manchmal fast zu schweben.

Solche Erlebnisse mit minimalen Mitteln zu generieren, war ein Ziel Newmans. Dass für diese ätherische Qualität heute Summen gezahlt werden, die man nur noch als abgehoben bezeichnen kann, gehört zu den Seltsamkeiten des Kunstmarkts.

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