Ein bisschen Mozart zum Hot-Dog?

Musiker des Cleveland Orchestras (hier vor einem Auftritt in Luzern) suchen an ungewöhnlichen Orten neues Publikum.
Musiker des Cleveland Orchestras haben kürzlich eine neue Langspielplatte präsentiert - live eingespielt in einem Hot Dog-Laden. Mit ungewöhnlichen Konzerten sucht man neues Publikum für klassische Musik.
Georg Leyrer

Georg Leyrer

Bier zum Beethoven.

von Georg Leyrer

über klassische Musik im Hot Dog-Restaurant.

Da sage noch einer, die vielfältigen Huster im Musikverein in Wien stören bei Live-Aufnahmen.

Das ist gar nichts gegen die Geräuschkulisse im "Happy Dog". Da läuft im Hintergrund der Fernseher mit Sport, da klirren die Gläser, da murmeln die Gäste. Vor mehr als zwei Jahren hat dennoch ein Kammermusik-Ensemble mit Musikern des Cleveland Orchestras begonnen, regelmäßig Konzerte in dem Hot Dog-Laden zu spielen. Das Motto im "Happy Dog": Bier zum Beethoven.

Krisenjahr 2012

Der Hintergrund der Aktion ist jedoch weniger humorig - das Orchester sucht auf diese ungewöhnliche Art neues Publikum für die klassische Musik. Denn die privat finanzierten US-Orchester spüren derzeit besonders stark ein schwindendes Interesse an klassischer Musik. Deren Publikum scheint "auf Pensionisten beschränkt", heißt es in den Begleittexten zum Live-Album (das übrigens auf Vinyl erscheint).

Die Kombination von Wirtschaftskrise, Sponsorenausfällen und schwindendem Publikum ist kritisch: 2012 war das Jahr der bankrotten oder streikenden US-Orchester. Es hat öffentliche Lohn-Streitigkeiten oder sogar Streiks u.a. in Minnesota Philadelphia (wo das Orchester in Konkurs ging), Chicago, Indianapolis, Atlanta, St Paul, Detroit, Spokane und Richmon gegeben, wie der Economist berichtete. Auch beim Cleveland Orchestra (geleitet vom Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper, Franz Welser-Möst) selbst führte schon 2010 ein Lohn-Disput zu Streiks. Interessanterweise gab es aber wegen der Krise bei den großen Orchestern einen kleinen Boom bei der finanziell weniger aufwendigen Kammermusik.

Im "Happy Dog" nun versucht man es mit Klassik ohne Schwellen: Die Musiker haben keine Abendkleidung an, das Publikum kann in entspannter Atmosphäre Kammermusik von Britten, Mozart, Debussy, Arvo Pärt und weiteren hören - statt lokalen Bands oder Karaoke. Auch die Live-Aufnahme ist neue Wege der Finanzierung gegangen: 15,000 Dollar wurden über die Plattform Kickstarter eingenommen, bei der jeder Interessierte unbürokratisch in eine Vielzahl von Projekten investieren kann.

Und doch, so lobenswert das Projekt auch ist: So "happy" der Dog auch sein möge, für die Klassikwelt in den USA sind ganz und gar keine lustigen Zeiten angebrochen.

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