Zu wissen, dass man Glück hat
Als ich das Fenster aufmache, steht vis-à-vis ein Mann auf dem Dach und grüßt freundlich. Er steht einfach nur so auf dem Ziegeldach eines fünfstöckigen Hauses, Hände in den Hosentaschen, und blickt in die blaue Luft. Die Sonne scheint, während gleichzeitig ein paar Schneeflocken zwischen den Häusern tanzen. Es ist schön.
Heute früh habe ich mich mit einem Schweizer Freund unterhalten, während der weit über den Hafen von Hongkong schaute, durch das Fenster seines Hotelzimmers. Er schrieb in seinen Computer, ich in meinen. Es geht ihm gut. Er war weit weg und er war nah, und es war schön. Wenngleich ich müde war, gestern habe ich wieder Musik aufgelegt in meinem alten Stammlokal, und wie immer - die Gäste liefen trotzdem nicht davon - nur das, was ich augenblicklich für die beste Musik der letzten 70 Jahre halte. Und davon gibt es viel. Es war schön, sehr schön. Und das ist Glück, irgendwie. Das ist auch Glück: Dass es verlässlich Frühling werden wird. Eine Aufgabe im Leben haben. Mit dem Taxi durch die stille nächtliche Stadt nach Hause fahren. Kinder, die quietschend an der Tür vorbeirennen. Menschen, die einen in der Bim grundlos anlächeln. Eine Meinung haben zu dürfen. Diskutieren, streiten können. Zu wohnen. Freunde zu haben, die einem "Wo-bleibst??"-SMS schicken. Und kritisieren. Und korrigieren. Und da sind. Etwas tun zu dürfen, was einem Freude macht. Musik, die einen versteht. Literatur, die einen schweben lässt. Filme, die einen lachen machen. Zu wissen, dass man Glück hat. Der Mann steht jetzt nicht mehr auf dem Dach, er hat etwas repariert und war dann plötzlich weg. Aber die Sonne scheint noch, und es ist schön.
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