The Sound of Frühling

Sich entleerende Mägen und Vogelgezwitscher - die schüchternen Anzeichen auf den Frühling.
Doris Knecht

Doris Knecht

Um fünf Uhr Früh spieb das Kind zum vierten Mal, und als es wieder schlief, ging ich hinaus auf den Balkon, frische Luft atmen. Und dann hörte ich es. Die Vögel. Die Vögel sind wieder da. Wenn die Vögel wieder da sind, ist der Winter vertragsgemäß vorbei. Leider kommt der Lenz heuer nicht nur mit dem Geräusch zwitschernder Vögel, sondern mit (Vorsicht! Ab hier 50%iges Gustiositätsgefälle!) einem weiteren: Dem Sound von plötzlich sich entleerenden Mägen. Jeder um mich herum speibt, hat gespieben - oder wird demnächst speiben, weil er schon angesteckt wurde. Ich habe es gerade hinter mir und trachte jetzt, während ich das Kind versorge und tröste, allmählich meinen Kreislauf wieder ... (Kurze Unterbrechung. Die Schule hat angerufen. Das andere Kind sähe so aus, als würde es gleich speiben und sei deshalb pronto abzuholen. Bin gleich wieder da.) Bin wieder da. Die Kinder sehen fern, um sich vom Bauchweh abzulenken, und wenn ich das oben erwähnte Geräusch vernehme, laufe ich los, um mütterlichen Beistand zu leisten und dann eiskaltes Wasser in klitzekleinen Schlucken zu verabreichen, wie es die Hausärztin meines Vertrauens empfohlen hat. Sie händigte mir zudem ein Rezept für eine Rossi-Kur aus (¼ l Schwarztee , ¼ l frischen Orangensaft, ¼ l abgekochtes Wasser und eine Prise Salz mischen, im Tiefkühlfach kühlen und eiskalt löffelweise über den Tag verteilt verabreichen), aber das akzeptieren meine nicht einmal, wenn ihnen brechschlecht ist. Hoffentlich wird es auch so besser. Dann geh ich hinaus auf den Balkon, nehme meinen Kreislauf langsam wieder in Betrieb und seh mir den Frühling an. Vielleicht zeigt sich ja ein Vogel.

Kommentare