Schmeißt die Kinder aus dem Bus!

Fragwürdiger Dienst nach Vorschrift: Ein Busfahrer warf Volksschüler aus dem Bus, weil sie ihre Freifahr-Ausweise nicht dabei hatten.
Doris Knecht

Doris Knecht

Stellen Sie sich vor, Ihr siebenjähriges Kind kommt nicht von der Schule nach Hause. Die Schule ist ein paar Kilometer entfernt, das Kind hätte den Post-Bus nehmen sollen, um 11.59 ab Maria Enzersdorf Schulplatz Richtung Gießhübl. Aber das Kind kommt nicht. Das passierte am 14. Dezember der Familie W. und mehreren anderen Familien. Denn der Fahrer des Busses hatte den 7-jährigen Sohn der W.s, fünf weitere Siebenjährige und eine sechsjährige Erstklässlerin unter Geschimpfe wieder aus dem Bus aussteigen lassen, weil die Kinder ihre Schülerfreifahr-Ausweise vergessen hatten. Der Busfahrer ließ die Kinder einfach unbeaufsichtigt an der Straße stehen und fuhr davon. Es hatte an diesem Tag minus zwei Grad Celsius. Keines der Kinder hatte ein Mobiltelefon dabei. Sie marschierten dann halt ganz allein Richtung nach Hause.

Das Wort "skandalös" wurde in dieser Kolumne noch nie verwendet, heute geschieht es: Der Vorfall ist skandalös. Das Verhalten des Busfahrers: skandalös. Das fand auch Herr W. Er schrieb an die ÖBB-Postbus-Servicestelle eine Sachverhaltsdarstellung mit Ersuchen um Aufklärung und erhielt bald eine Antwort. Man verstehe den Ärger, aber: "Der Fahrer hat sich in der Situation streng an die Dienstvorschrift gehalten." Denn er habe bei einer Kontrolle des Verkehrsverbundes "mit Konsequenzen zu rechnen, wenn er wissentlich Fahrgäste ohne gültigen Fahrausweis befördert". Man habe den Fahrer aber angewiesen, "mit Kunden in entsprechendem Umgangston zu kommunizieren". Die Dienstvorschrift der ÖBB-Postbus-GmbH verlangt von ihren Fahrern allen Ernstes, Erstklässler mit freundlichen Worten aus dem Schulbus zu weisen und ganz allein an der Straße zurückzulassen? Skandalös.

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