Reden übers Leben
Zwingende abendliche Verpflichtungen führten dazu, dass "In Treatment" gestern ausgelassen werden musste: sehr ungern. Die mehrfach preisgekrönte HBO -Serie, von der 3sat momentan täglich um 21 Uhr zwei Folgen zeigt, hat nämlich die Wirkung, die der Droge "Crystal Meth" zugeschrieben wird: Man wird davon schlagartig süchtig. Was eher erstaunlich ist bei diesem Plot: "In Treatment" widersetzt sich allen Gesetzen des Fernsehens. So wenig ist in einer Serie vermutlich noch nie passiert. Faktisch passiert überhaupt nichts. Es wird eigentlich nur geredet, mit einem Minimum an Nebenhandlung. "In Treatment" (übersetzt: in Behandlung) zeigt Sitzungen des Gesprächstherapeuten Paul Weston. Nicht, wie man es erst erwartet, in jeder Folge verschiedene Ausschnitte aus verschiedenen Sitzungen; nein: In Echtzeit wird je eine Therapiesitzung abgehandelt, fünf Patienten pro Staffel, Sitzung um Sitzung. Die Jugendliche, die sich nicht eingestehen will, dass sie suizidal ist, der Soldat, der im Irak ohne es zu wissen eine Schule bombardiert hat, die Frau, die sich nicht zur Hochzeit entschließen kann, weil sie in Wirklichkeit in den Therapeuten verliebt ist, das Paar, das nicht weiß, ob es ein Kind bekommen soll oder nicht: Und der Therapeut selbst, der Hilfe bei einer Supervisorin sucht, zu der er ein schwieriges Verhältnis hat. Alle reden, über sich und ihre Rolle im Kontext ihrer Realität. Und diese Gespräche fesseln einen mehr als drei Teile "Die Hard". Und das passt irgendwie sehr gut in die Fastenzeit: Man sitzt nüchtern zu Hause und denkt unabgelenkt über sein Leben nach. Und ab neun sieht und hört man anderen dabei zu, wie sie über ihres reden ... Fein.
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