Nur Kunde, kein König

Die ÖBB verlangen viel Verständnis - haben aber selber keines.
Doris Knecht

Doris Knecht

Dass es die ÖBB mit der Pünktlichkeit ihrer Züge nicht immer so genau nehmen, ist bekannt. Zum Ausgleich dazu nimmt man es sehr genau mit der Abstrafung vermeintlicher Schwarzfahrer, z. B. dem Studenten Benjamin K.

Der pendelt seit einem Jahr mit Vorteilscard und Studententicket von Krems zum Studium nach Wien. Vor ein paar Tagen löste er sein Sieben-Euro-Ticket, das vom Zugbegleiter kontrolliert wurde und ließ es dann im Abteil liegen. Das war ein Fehler, der ihn 95 Euro kostet, denn nachdem er in Spittelau ausgestiegen war, wurde er dort im Bahnhof oberhalb der Rolltreppe kontrolliert und trotz seiner Beteuerungen mit einem Erlagschein ausgestattet. Das fand Herr K. sehr ungerecht, also schilderte er dem ÖBB-Kundenservice in einem Brief seinen Fall, fügte hinzu, dass die ÖBB von ihm viel Verständnis für Zugverspätungen erwartet und erhalten habe, bat mit dem Verweis auf seine prekäre studentische Finanzlage um ebensolches, und legte sowohl Abbuchungsbestätigung als auch Kundenbeleg bei. Er erhielt schon drei Wochen später Antwort. Man habe den Fall überprüft: Die Ausstellung der gegenständlichen Forderung sei korrekt gewesen. Man ersuche den Betrag umgehend einzuzahlen, weil man sonst gezwungen sei, die Forderung an ein Inkassobüro weiterzugeben. Und am Ende: "Wir ersuchen um Verständnis, dass es im Zusammenhang mit dieser Forderung seitens ÖBB-Personenverkehr AG keine weiteren Stellungnahmen geben wird." Wie sagte Verkehrsministerin Doris Bures kürzlich so schön? Ihr Anliegen sei es, "das Bewusstsein in den ÖBB zu schärfen, dass der Kunde König ist." Das misslang bisher.

Kommentare