Nachrichten aus dem Spind

In Wirklichkeit bin ich eine radikalfeministische Kampflesbe.
Doris Knecht

Doris Knecht

Der Ressortleiter hat ein Plakat ans Fenster seines Ressortleiter-Aquariums gehängt. Ich gehe ins Aquarium und sage: "Du, Schatzi" (wir pflegen hier im Ressort einen sehr familiären Umgang), "du, Schatzi, ich finde, dieses Plakat ist eines Ressortleiters irgendwie nicht würdig". Das Plakat zeigt eine liegende Frau in Spitzen-Dessous, mit geöffneten Beinen und aufmunterndem Blick. Der Ressortleiter, ein Mann von hervorragenden Manieren und untadeligem Umgang mit Frauen, schaut mich groß und ungläubig an, weil er bisher offenbar nicht ahnte, dass ich, verborgen hinter Lippenstift und in Highheels, in Wirklichkeit eine radikalfeministische Kampflesbe bin: halt jemand, von dem man so eine Reaktion erwartet.

Das Plakat hänge hier, sagt der Ressortleiter, weil, wenn ich da mal genauer hinsehen würde, in dem Schriftzug sein Name vorkomme, da, lies. Äh, stimmt, war mir gar nicht aufgefallen. Eine Kollegin - einE KollegIN bitte - habe es ihm geschenkt, eine andere habe ihm geholfen, es anzupicken, er werte das als eindeutigen Freispruch. Mir wird klar, dass meine Position eher suboptimal ist, und sie wird davon nicht verbessert, dass eine weitere Kollegin erscheint und sagt: lustiges Plakat! Solche Plakate auf der Straße stören mich nicht, das ist halt Unterwäsche-Werbung, die wird mit nackten Frauen und Sex gemacht. Und, nein, ich fühle mich auch nicht belästigt: Es tut mir eher der nette Ressortleiter leid, weil jemand, der ihn nicht kennt, über ihn denken könnte, er sei einer, der es nötig hat, sich solche Plakate ins Büro zu hängen. Hat er natürlich nicht. Ist nur Spaß. Ich arbeite jetzt halt im Inneren eines Bundesheer-Spinds. Aber wenn das sonst keine hier stört, sage ich auch nichts mehr.

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