Loos raus, Leben rein

Wiener Kaffeehaustradition und die Anforderungen der Gegenwart
Doris Knecht

Doris Knecht

Ja, gut! Das Café Ritter und das Café Museum sollen gerettet werden. Denn die Kaffeehäuser: die sind ein substanzieller Teil des Wiener Lebensgefühls. Alles da, in so einem Kaffeehaus. Und eine Institution, die nur in Wien funktioniert, aber da perfekt. Und solche Kellner wie die typischen Wiener Kaffeehaus-Ober werden in anderen Ländern ja auch gar nicht hergestellt. Und auch wenn man manche ob ihrer Arroganz verflucht, sie gehören irgendwie zum kaffeehäuslerischen Lebensgefühl: Fühlen Sie sich wohl, aber bitte nicht zu sehr.

Interessant ist, dass es überhaupt nicht funktioniert hat, das Café Museum wieder im loos'schen Original-Format herzurichten. Die Gäste des 21. Jahrhunderts nahmen das nicht an. Was ein Signal sein sollte für die Zukunft des Kaffeehauses, ach, für Wien: Loos war wegweisend für Wien, aber Loos ist schon ziemlich lange tot. Und wenngleich es wichtig ist, das Gute zu bewahren: Das kann auch zu Stumpfheit führen. Und nicht jeder Wind, der den Loos' und Hoffmanns und Wagners entkam, ist in Wien des 21. Jahrhunderts noch funktionell. Vor allem: Es kommt neues Wegweisendes nach. Was es in Wien aber traditionell schwer hat, weil man hier - Dutzende international gefeierte und in Wien ignorierte Architekten können davon ein Wienerlied dudeln - gern irrtümlich glaubt, man schütze die Tradition am wirksamsten, indem man neues Gutes und Richtiges, ja für die Gegenwart Besseres und Richtigeres verhindere. Ein Irrtum, der zu Versteinerung führt und zu historisch korrekter Leblosigkeit. Und, siehe Café Museum, zu einem Kaffeehaus ohne Gäste. Dort will man jetzt behutsam wieder Leben hineinbringen. Was für ein Kaffeehaus doch wichtiger ist als 100 Prozent original Loos.

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