Der Wille zur Idylle

Advent: Schön, super, toll.
Doris Knecht

Doris Knecht

Wenn es letztes Jahr funktioniert hat, wird es ja wohl auch für das aktuelle passen: Hat man sich gedacht und beschlossen, auch heuer nicht über den Advent und seine Begleiterscheinungen zu maulen und zu mosern (wie in früheren Jahren) sondern sich mit lautem Juchee und einem ob seiner Permanenz zusehends verblödeten Grinsen in die Vorweihnachtszeit zu stürzen. Advent? Toll, toll, toll.

Am 8. Dezember zum Beispiel sollen sich andere schmollend daheim einigeln und bitter den Sieg des Kapitalismus über die Besinnlichkeit beklagen: Man selbst geht einkaufen. In die Lugner City, zur Mittagszeit wo man total enttäuscht wird, weil, bitte, das ist einfach zu einfach: Keine Schlangen vor den Umkleidekabinen und Kassen, keine genervten Verkäuferinnen, sondern nette Worte und freundliche Hilfsbereitschaft. Schwieriger wird es schon, sich über den allgegenwärtigen weihnachtlichen Soundtrack zu freuen: Selbst auf den Toiletten und in den Tiefgaragen werden einem herrliche Weihnachtslieder hinterhergesungen. Ja, danke, ganz wunderbar. Trotzdem singt man abends, das gehört jetzt einmal dazu, selbst Lieder am Adventkranz: also zumindest solange der Nachwuchs bereit ist, die jaulenden Gitarrensoli zu ertragen, die ihr Erzeuger zwischen die Strophen legt und die verdächtig nach Highway to Hell klingen. "Darf ich jetzt endlich fernsehen?" "Nein, du singst!!! Und morgen werden wir zusammen Kekse backen, und ihr werdet dabei aus glücklichen Kinderaugen strahlen, ist das klar?" Der Wille zur Idylle wird nämlich von der Restfamilie nur bedingt mitgetragen. Aber das Gemaule und Gemoser hört man gar nicht mehr. Advent, nämlich: Schön, super, toll.

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