Das begreift man auch so

Der Fasching ist vorüber, zum Glück. Endlich Askese.
Doris Knecht

Doris Knecht

So, der Fasching ist vorbei. Gerade sind noch Legionen kleiner, rosafarbener Prinzessinnen in Satin und Tüll an mir vorbeiparadiert, Hexen und Harry Potters, ein paar Charaktere aus Star Wars und ein paar Piraten. Daheim, in der Früh, große Krise; die Zähne des kleinen Familien-Vampirs waren verschwunden, final verschwunden: die Oma war da und hatte ein bisschen aufgeräumt. Und dabei offenbar das zerknüllte Taschentuch auf meinem Schreibtisch für ein zerknülltes Taschentuch gehalten und es mit spitzen Fingern entsorgt, ohne zu bemerken, dass der Vater darin nach der Samstags-Faschingsparty die Vampirzähne eingewickelt hatte. Der Vampir wollte heulen, konnte aber mit dem Hinweis auf drohendes Make-up-Desaster an einem gröberen Nervenzusammenbruch gehindert werden: Und später wurden neue Vampirzähne in die Schule nachgeliefert. Ein Vampir braucht Zähne; muss sein. Jetzt ist der Fasching vorbei, und es ist fast eine Erleichterung. Nein, es ist eine Erleichterung. Auch wenn man nicht katholisch ist, begreift man den Sinn einer Fastenzeit: das Herunterfahren des Organismus, das dringend notwendige Kurieren überreizter Nervenenden durch temporäre Entsagung, den Aspekt der Reinigung und der Konzentration auf Innerlichkeit. Und die Idee, so eine Zeit mit einem asketischen Ritual zu beginnen und zu beenden. Es ist ja auch außerhalb der Faschingszeit manchmal alles viel zu viel. Der Überfluss ist dem Menschen ja auch eine stete Überforderung: Es ist heilsam, wenn er sich hin und wieder eine Zeit lang davon distanziert und konzentriert auf das, was für ihn selber richtig und gut ist. Das muss nicht unbedingt in der christlichen Fastenzeit passieren. Aber sie bietet sich an: Auch weil man da beim Entsagen zwar trotzdem allein ist, aber nicht allein. So, der Fasching ist vorbei: zum Glück.

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