5000 Kinderuni-Studierende contra zwei (2!) Fleck-Kaiser

Bildungshungrige Kids stürmen Kinder- und Junge Unis und geloben, neugierig zu bleiben
Heinz Wagner

Heinz Wagner

Um die 5000 Kids tausch(t)en in ersten drei Ferienwochen Hörsäle, Seminarräume, Werkstätten und Ateliers mit Bädern, Kinos oder anderen Freizeiteinrichtungen. In der zweiten und dritten Woche paaren sie ihre Neugier mit jener von Wissenschafter_innen von vier Wiener Universitäten (Technische, Bodenkultur, Medizin und Uni Wien - von etlichen immer noch gern Hauptuni genannt). In der ersten freuten sich Künstler_innen aller Wiener Kunstunis, mit Kids gemeinsam oft völlig schräge, ver-rückte Kreativität ausleben und damit so manche Norm-alität hinter sich lassen zu können.

Nie aufhören, Fragen zu stellen

"Hier kann ich lernen was ich will, nicht was ich muss!", meinte eine KinderuniWien-Beirätin zum Online-Kinder-KURIER. Mehr selber Hand anlegen können, experimentieren, frei malen und/oder werken können ohne Vorgabe, wie ein Vogel, ja wie ein Geist auszusehen habe (was in Schulen leider immer wieder/noch vorkommt), vor allem: Neugierig sein. An der Kinderuni Wien schwören die Kids bei der Sponsion zur Magistra/ zum Magister universitatis iuvenum, dass sie nie aufhören werden, Fragen zu stellen und Antworten auf diese Fragen zu suchen!!!

Neugierig bleiben

An der Jungen Uni Krems (FH Krems, zweite Ferienwoche für 11- bis 14-Jährige) waren die Plätze für 220 Jugendliche am Anmeldetag innerhalb von zehn Stunden ausgebucht. Und das beim diesjährigen Motto "Double MINT - fit in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik", das Schluss mit Mathe-, Informatik- und Technik-bähhh machen will. Dort geloben die Jugnstudierenden - die meisten mit schwarzem Filz-Sponsionshut, den sie selbst in einem Workshop basteln, "das ganze Leben lang neugierig zu bleiben und immer Interesse an Wissenschaft und Forschung zu zeigen".

Nette Geschichten in manchen - bei weitem nicht in allen - Medien. Manche "spielen" andere Storys rund ums Lernen lieber. Und das schlagzeilenmäßig wie Duell der Fünfer-Kaiser. Der eine hat neun Fleck, ein anderer konnte ihn toppen - mit zehn Fetzen. Was sind schon 5000 bildungshungrige Kids, die's geil finden, auch in den Ferien was zu lernen - mit höchstem Aufwand, aber auch Nutzen, nämlich selbsttätig gegen zwei, die sich als das Gegenteil an den Pranger stellen lassen?! Und wer erinnert sich nicht daran, dass so manche Promis - ob aus der Schickeria oder der Politik - oft recht stolz davon erzählen, dass sie in der Schule ziemliche Deppen gewesen seien, oder nur ein einziges Buch, und das nicht ganz gelesen hätten… Kaum jemand meint öffentlich überzeugt/überzeugend: Ich war immer neugierig und wollte möglichst alles wissen. Und am meisten hab ich nach dem warum gefragt…

Für 88 Prozent wichtig...

Ob (wir) Medien damit nicht vielleicht auch eine (Mit-)Schuld daran tragen, dass in der Bildung so wenig weitergeht? Erst kürzlich verwies Politikwissenschafter Peter Filzmaier in einer TV-Diskussion ("Im Zentrum", Sonntag, 10. Juli) auf folgende himmelschreiendes Auseinanderklaffen: In einer Wahltagsbefragung (1) hatten fast zwei Drittel der 2200 Befragten (63%) Schule und Bildung für ein sehr wichtiges Thema für ihre Wahlentscheidung angegeben - gleich viele (Mehrfachnennung natürlich möglich) wie Gesundheit und Spitäler und sogar zwei Prozent mehr als Sicherheit. Wird noch jenes Viertel hinzugezählt, das "ziemlich wichtig" angab, halten also fast neun von zehn Befragten Schule und Bildung für ein zentrales Thema, das für sie zweitwichtigste, das ihre Wahlentscheidung beeinflusst.

... in nur 9 Prozent der Zeitungsartikel

Im Widerspruch dazu fand Bildung nur Eingang in weniger als 90 Zeitungsartikel in den vier Wochen vor dem Wiener Wahltag (10. Oktober 2010). Wissenschafter_innen (2) hatten 987 Zeitungsartikel auf ihre Inhalte abgeklopft. Ganze neun (in Ziffern 9!) Prozent davon beschäftigten sich mit diesem für 88 Prozent der befragten Wähler_innen ziemlich bis sehr wichtigen Thema! ----------------------------(1) Wiener Gemeinderatswahl, Oktober 2010, durchgeführt von SORA - Institute for Social Research and Consulting und SIA - Institut für Strategieanalysen (2) Institut für Strategieanalysen

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