Welt-Reise, Tag 7 - Libyen

Welt-Reise, Tag 7 - Libyen
Zwei KURIER-Reporter reisen in 80 Arbeitstagen um die Welt. Und berichten von unterwegs über erfolgreiche österreichische Exporteure

Rudl in der Wüste

Exporteure sind notgedrungen Frühaufsteher. Meist starten ihre Flugzeuge schon am frühen Morgen; und wichtige Termine bei Geschäftspartnern, Behörden oder Ministerien müssen sie so nehmen, wie sie kommen. Eine ruhige Morgentoilette, ein längeres Frühstück, ein Kuss zur Verabschiedung von der Liebsten gibt es nur daheim. Unterwegs sind sie einsame Wölfe. Auch unser Reisegefährte, der Rudl, inoffizieller Schutzpatron der Welt-Reisenden, ist gewissermaßen ein Early Pferd. Heute hat das allerdings weniger berufliche Gründe. Viel mehr gehen mit ihm sprichwörtlich die Pferde durch, weil er diesen intensiven Sonnenaufgang in der libyschen Wüste, noch dazu im Monument Valley, live erleben darf.

Hier fehlt ein Schatten

Welt-Reise, Tag 7 - Libyen

Irgendwann taucht sie aus dem Nichts am Horizont auf. Und dann geht sie hoch wie eine Rakete. Die Sonne über der Sahara. Schon früh am Morgen macht sie lange Schatten. Apropos Schatten. Eigentlich steht Journalisten in Libyen ein ständiger persönlicher Begleiter zu. Der wartet im Normalfall schon bei der Ankunft auf dem Flughafen. Gibt einem vom ersten Augenblick an freundlich zu verstehen, dass er einem auf Schritt und Tritt Gesellschaft leisten wird. Gibt wertvolle Tipps, damit einem in Libyen auf keinen Fall etwas Böses zustößt. No problem! Sagt er. Ständig sagt er das. Was Böses? Wie den beiden Schweizer Geschäftsleuten, die zwei Jahre ihres Lebens hinter Gittern zugebracht haben. So was will doch keiner von uns haben, nicht wahr. Von Zeit zu Zeit erkundigt er sich auch, ob eh alles passt, in seinem Land, oder ob man vielleicht gar Beschwerde anbringen möchte. Es ist den sehr guten Kontakten der österreichischen Außenhandelsstelle zu verdanken, dass wir ihn mit dem Wagen in der Wüste nicht extra abhängen mussten.

Ein Blogger in der Wüste

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David Bachmann wiederholt sich. Und das ist gut so. Seit er in Libyen Österreichs Firmen als Handelsdelegierter vertritt, also seit drei Jahren, meldet er jedes Jahr ein Exportplus von mehr als zwanzig Prozent nach Wien. Und das in Zeiten einer Krise, die ihren Geltungsbereich durchaus auch auf Nordafrika ausgeweitet hat. Der 42-jährige Wiener berät und betreut seine Landsleute mit Leidenschaft. Holt sie manchmal persönlich vom Flughafen ab. Berät beim Eintritt in einen Markt, der von einem Regime mehr als nur streng reglementiert wird. Fädelt Termine bei Ministerien und Geschäftspartnern ein. Chauffiert, sofern notwendig, eigenhändig mit seinem Allradwagen. Auch in die Wüste. Ist dabei Berater, Übersetzer, Seelsorger und Netzwerker in einem. Und lädt am Ende des Tages, um den Wellness- und Spaßfaktor zu erhöhen, gerne in sein Haus am Stadtrand von Tripolis. Dort kann man bei einem abendlichen Empfang unter anderem auch Vertreter der Firma Assamer treffen. Die stehen da mit breiter Brust: Als erster ausländischer Investor haben die Oberösterreicher in Benghazi ein staatliches Zementwerk gekauft. Noch vor zwei Jahren rauchte die Bude wie eine Riesen-Zigarre ins Weltall. Heute könnte sie - dank moderner Filter - auch irgendwo in Europa stehen. Hinter vorgehaltener Hand wird in Libyen erzählt, dass der täglich produzierte Zement 500 Eisenbahnwagons füllt. Und dass man im Joint Venture mit den Libyern, in Rekordzeit, auch schöne Gewinne einfährt. Die Libyer brauchen Zement, Assamer gibt ihnen Zement. Alle österreichischen Erfolgsgeschichten in Libyen kann man auch im privaten Blog des Handelsdelegierten nachlesen. Der Blog ist weit mehr als eine schlichte Aneinanderreihung ökonomischer Messzahlen. Auf sehr menschliche Art, immer mit einem Augenzwinkern erzählt Bachmann über seine täglichen Erfahrungen als HD in einem Land, das kaum jemand in Österreich näher kennt. Von Tag zu Tag entsteht hier ein alternativer Reiseführer, der längst die Substanz für ein Buch hat. Bachmanns genaue Adresse: www.hdintripolis.blogspot.com.

Besuch im Stadion

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Oberbauleiter Jürgen Maikisch und Direktor Hans Missbichler sind neu in Tripolis. Sonst hätten sie unserem Plan wohl nie zugestimmt. Die Geschichte ist nämlich die: Die beiden Ingenieure arbeiten für die Porr. Und die Porr soll gemeinsam mit einem türkischen Partner das neue Nationalstadion in Tripolis bauen. So futuristisch das Konzept, so glanzlos die Grundsteinlegung (siehe Bild, der Herr in der Mitte ist übrigens der Herr Mohamed, seineszeichens ältester Sohn vom alten G.). Weil wir noch ein angemessenes Foto für die Reportage in der Zeitung benötigen, fahren wir noch schnell zu einem anderen Stadion. Dem Stadion des von Menschenhand gemachten Flusses (heißt wirklich so). Das alte Stadion wird derzeit abgerissen. Und was erscheint da näher als die beiden Gentlemen vor den Baumaschinen abzulichten. Noch dazu, wo die Baumaschinen aus Österreich kommen. Die Sache hat nur einen Haken: Zutritt zur Baustelle verboten! Daher muss alles sehr schnell gehen. Während der Redakteur den Polier zum Helmeholen überreden kann (Sicherheit auf der Baustelle ist auch in Libyen ein ernstes Thema) und der libysche Aufpasser Verstärkung holt, bleibt Zeit für genau vier Schnappschüsse. Schon eilt von hinten der Aufpasser wieder ins Bild, und brüllt "No fotos". Wir nicken: "No fotos." Deshalb steckt er auch sein Mobiltelefon wieder weg. Ein Anruf hätte wohl genügt. Die hiesigen Behörden sind weltweit bekannt für ausgewählt höfliche Amtshandlungen. Das No-Foto erscheint indes am Samstag, dem 1. Jänner, im Leben-Teil des KURIER.

Dieser Blog erscheint redaktionell unabhängig in Kooperation mit der Außenwirtschaft Österreich der Wirtschaftskammer Österreich. Die Export-Offensive go-international soll österreichische Unternehmen zu geschäftlichen Aktivitäten im Ausland motivieren und dabei unterstützen.

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