Welt-Reise, Tag 68 - Schweden/Lettland

Welt-Reise, Tag 68 - Schweden/Lettland
Zwei KURIER-Reporter reisen in 80 Arbeitstagen um die Welt. Und berichten von unterwegs über erfolgreiche österreichische Exporteure

Arbeiten ist Silber

Der Krieg hat in Österreich viel zerstört - auch das Handwerk der Silberschmiede. So blieb Wolfgang Gessl gar nichts Anderes übrig als nach Schweden auszuwandern. Dort gab es seit Jahrhunderten keinen Krieg. Und deshalb darf Silber weiterhin als Rohmaterial für Besteck und Dekor dienen. Sein Atelier, das Ateljé Gessl, versteckt sich in einer Gasse in Södermalm, einem ehemaligen Arbeiterviertel von Stockholm, das heute als besonders chic gilt. Was dem Kunsthandwerker wenig hilft. Denn dadurch steigen hier auch die Immobilienpreise. Gessl lebt und arbeitet seit 1970 in Stockholm. Am Anfang haben sie ihn gefragt, ob er auch jodeln kann. Denn er hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass er Österreicher ist. Er wurde im Jahr 1949 in Wien geboren. In die Schule gegangen ist er im niederösterreichischen Lilienfeld und in die Höhere Technischen Bundeslehranstalt in Steyr. Seinen Feinenschliff erhielt er dann von Professor Sigurd Persson, einem bekannten schwedischen Silberschmied. Nebenbei auch von den Professoren an der Stockholmer Universität für Kunst, Kunsthandwerk und Design, wo er später auch selbst unterrichtet hat. Jedes Schmuckstück in seinem Atelier ist ein Unikat. Gessl versteht sich selbst mehr als Künstler denn als Geschäftsmann: "Ich will mich nicht wiederholen, ich will auch nicht meine Seele verkaufen." Arbeit am Fließband wäre für ihn Zwangsarbeit. Er will sich kein großes Haus und auch kein Segelboot kaufen, nur "die Ökonomie der Familie" möchte er mit seinem Freiheitsdrang nicht gefährden. Das Schöne an dieser Geschichte: Der Exporteur eines Lebensgefühls macht, was er am Besten kann - und kann in einer Nische des Kunsthandwerks davon so leben, wie es für ihn gut passt. Ohne Prunk, dafür mit ausreichend Genugtuung. Schon 1980 hat er das Ateljé von seinem Meister gekauft, um sich selbstständig weiter zu entwickeln. Geneigte Kritiker sagen, dass Wolfgang Gessl längst seine eigene Linie gefunden hat, die irgendwo zwischen Jugendstil, Wiener Werkstätten und Bauhaus auf der einen Seite und skandinavischer Reduktion auf der anderen Seite verläuft. Seine Kunststücke wurden am Nationalmuseum in Stockholm ausgestellt, auch in anderen Galerien in Schweden, Norwegen, England, Japan, den USA und Australien. Auch in Krems und in Sankt Pölten. In seiner Heimat fühlt er sich weiterhin nicht ausreichend wahrgenommen: "Ich würde gerne auch in Österreich Fuß fassen, aber da fehlen mir leider die Kontakte."

Alle lieben Ernscht!

Welt-Reise, Tag 68 - Schweden/Lettland

Großer Mann, ganz groß: In Schweden kennt ihn jeder, der regelmäßig fern sieht. Er ist der Star des Hauptabendprogramms. Der George Clooney des Nordens. Auf den Ernscht steht nicht nur seine Frau. Alle schwedischen Frauen stehen auf den Ernscht. Und das ist doch ein bisserl erstaunlich. Denn Ernst Kirchsteiger ist der Sohn einfacher Leute, das älteste Kind österreichischer Auswanderer. Die kamen aus Neunkirchen am Ende der Neunkirchener Allee nach Schweden. Sein Vater hat im Stahlwerk in Nykroppa gearbeitet, seine Mutter in der Textilfabrik. Und wenn sie nicht in der Schicht waren, dann hatten sie Heimweh. Der Ernscht erinnert sich: "Mein Eltern waren wunderbare Menschen." Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm sein Vater: "Er war klein, dick, hat gerne gesungen. Und wenn er Schwarze Katze getrunken hat, dann hat er vor Rührung auch 'plärrt." Sein Dialekt kennt kein Super. Der Sohn der Gastarbeiter spricht das Österreichisch der 1950er-Jahre. Seine Cousinen in Neunkirchen sind ebenfalls ganz hin, sagen, dass das sooo (!) süß klingt. Er selbst hat in Schweden Koch gelernt, hat später auch eine Ausbildung zum Innen-Ausstatter gemacht und zwölf Jahre für Ikea gearbeitet. Irgendwie hat sich bis zum staatlichen schwedischen Fernsehen durchgesprochen, dass der Zwei-Meter-Mann nicht nur kameratauglich ist, sondern auch hinreißend erzählen kann. Er selbst sagt sogar: "I bin eine Frohnatur. Vielleicht ist das das bisserl Österreich in mir." Er lächelt, um dann gezielt die Pointe zu setzen: "Heast, i waaaß ned." Fix ist, dass sein sonniges Gemüt gut in einem Land ankommt, dass sich das ganze Jahr über nach Sonne sehnt. Weil die sechs Monate Frühjahr, Sommer und Herbst kaum ausreichen, um den langen Winter vergessen zu machen. Therapeuten haben in Schweden einen krisensicheren Job, und auch die staatliche Reglementierung des Alkohols (durch arge Verteuerung) macht Sinn. Sonst würde man sich hier in seiner permanenten Herbst-Winter-Depression täglich in die Bewusstlosigkeit kippen. Seit zehn Sommern schon beglückt Ernst Kirchsteiger die Schweden mit seiner Serie. In jeweils zehn Teilen wird gezeigt, wie der Ernscht mit einem eingespielten Team von Profi-Handwerkern ein altes Haus renoviert. So etwas kommt hier besonders gut an. Denn wenn die Schweden einmal gesprächig werden, dann dann, wenn sie sich übers Heimwerken austauschen können. Der Fernsehstar bringt die Frauen aber auch noch ganz anders zum Kochen - mit seinen Kochbüchern, und neuerdings mit einer eigenen Gartenmöbel-Design-Linie. Die kommt ebenso gut an wie die Sendungen des TV-Stars. Wer will nicht seinen eigenen Ernscht im Garten stehen haben! (Die Linie heißt Ernst.) Gerne würde er auch einmal in Österreich drehen. In Italien und in Spanien kennt man ihn schon.

Sind Sie nicht der Ipren?

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Kleiner Mann, ganz groß: In Schweden kennt ihn jeder, der regelmäßig fern sieht. Er ist der Star des Werbeblocks. Die Fleisch gewordene Schmerztablette. "Sagen Sie, sind Sie nicht der Ipren", fragen ihn wildfremde Menschen auf der Straße. Johann Neumann muss dann verneinen. Denn Ipren ist das Aspirin der Schweden, er selbst der Hans Moser unter Österreichs Exporteuren. In Schweden hat der 62-jährige Niederösterreicher jene Anerkennung gefunden, die dem gelernten Uhrmacher in Österreich verwehrt blieb. Seine Eltern, so stand in einer schwedischen Gazette zu lesen, wollten ihn an den Zirkus verkaufen. Keine so schöne Geschichte. "Weil mir ein Wachstumshormon fehlt", erklärt Neumann heute. Mit zwanzig Jahren war er gerade einmal 125 cm groß. Und in seinem Heimatort, Falkenstein bei Poysdorf im Weinviertel, wollten sie einfach nicht einsehen, dass körperliche Größe nichts über die wahre Größe eines Menschen aussagt. Im Jahr 1965 kam er nach Stockholm. Das Leben hier beschreibt Herr Neumann als ein Leben im Himmel, nach zwanzig Jahren in der Hölle: "Es war eine Befreiung, ein ganz anderes Leben." Hier ist er sofort gewachsen - nicht nur körperlich. Zunächst, weil ihn eine bekannte schwedische Regisseurin für ein Ödön-von-Horvath-Stück engagiert hat, am Dramaten, dem bekanntesten Schauspielhaus Stockholms. Seine Augen leuchten heute noch: "Ich durfte den Zirkusdirektor geben." Wenig später wurde der Quereinsteiger am Theater vom Karolinska-Krankenhaus engagiert: "Als Versuchskaninchen. Sie haben an mir eine Hormontherapie ausprobiert, und ich bin tatsächlich um 25 Zentimeter gewachsen." Immer wenn sie beim Film und im Theater einen kleinen Mann benötigen, ist Johann Neumann die erste Wahl in Schweden. So kam er auch zum Werbefernsehen. Heute kann er sich selbst auf die Schaufel nehmen: "Viel mehr wachsen möchte ich eigentlich nicht mehr." Mit jeder weiteren Rolle ist auch sein Selbstbewusstsein gewachsen. Viel verbindet ihn mit bekannten schwedischen Schauspielern, die ihn anders annahmen als seine Landsleute in Österreich. Er sagt das nicht eitel, doch er muss sich dafür auch nicht genieren: "Zu Ingrid Bergman verband mich eine persönliche Freundschaft." Zwischendurch hat er auch in London gelebt, um sich dort zum Konservator und Restaurator für asiatische Kunst ausbilden zu lassen. Denn sein Herz gehört schon seit Langem der Lehre von Buddha. Nicht dass er mit der katholischen Kirche gebrochen hätte, doch im Buddhismus fand der lange Zeit Ausgegrenzte jene Toleranz gegenüber anderen Menschen, die ihn auch zufrieden mit sich selbst gemacht hat. Die Erzeuger von Ipren werden das jetzt vielleicht nicht gerne hören. Doch ihre Werbeikone steht dazu: "Selbst schlucke ich keine Tabletten." Das Leben hat ihn bessere Methoden gelehrt, um mit Schmerzen umzugehen.

Dann halt nicht!

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Eigentlich hätten die Weltreisenden auf dem Flughafen in Riga einen ehemaligen lettischen Profi-Fußballer treffen sollen, der lange in Österreich gespielt hat und der auch heute Geschäfte mit Österreich macht. Und dann hätten sie in einer Nobel-Herberge in Riga den nächsten Vertreter aus der Galerie exponierter österreichischer Hoteldirektoren im Ausland treffen sollen. Beide werden Gründe haben, warum sie zu den lange im Voraus vereinbarten Termine nicht kommen konnten. Im ersten Moment ein bisserl blöd: Denn in der Außenhandelsstelle in Riga hat man vorab gerade einmal vier halbwegs interessante Firmenvertreter mit Österreich-Bezug ausfindig gemacht. Und dann lösen sich gleich nach der Ankunft zwei vorsichtshalber in Luft auf. Auf der anderen Seite: Rot soll man hier nur an der Ampel sehen - übrigens dank Technologie der Swarovski-Tochterfima Swarco Futurit, die sich mit ihren Verkehrsanlagen weltweit, auch in Riga, gut positionieren konnte. Alles halb so schlimm. Morgen ist auch noch ein Tag.

Dieser Blog erscheint redaktionell unabhängig in Kooperation mit der Außenwirtschaft Österreich der Wirtschaftskammer Österreich sowie mit dem Wirtschaftsministerium. Die Export-Offensive go-international soll österreichische Unternehmen zu geschäftlichen Aktivitäten im Ausland motivieren und dabei unterstützen.

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