Welt-Reise, Tag 50 - Argentinien
Die Zeitmaschine
Über-Drüber! Heute geht es von Australien nach Argentinien. Über die so genannte Datumsgrenze, die in der Nähe des 180. Längengrads durch den Pazifischen Ozean verläuft. Was die Zeitrechnung, vor allem aber unsere innere Uhr endgültig durcheinander bringt. Was diese Uhr nicht gleich verstehen will: Dass man jederzeit in Sydney abfliegen, fast einen ganzen Tag unterwegs sein kann (mit einer notwendigen Zwischenlandung in Auckland, Neuseeland) und dennoch noch am selben Tag, nur drei Stunden nach Abflug in Buenos Aires landet. Jemand im Flugzeug meint, dass wir über den Pol fliegen. Ein Anderer, dass der Flug von Auckland nach Buenos Aires zwölf Stunden dauert. Wieder ein Anderer, dass es 14 Stunden sind. Einer vermutet sogar 16 Stunden. Hängt vom Wind ab. Und irgendwann taucht über dem Pazifik die Frage auf: Wo sind wir hier? Was machen wir hier? Wie spät ist es? Und wann kommen wir endlich an?
"Was im Moment gebraucht wird"
Auf dem internationalen Flughafen von Buenos Aires wartet bereits Josef Hofer, der die österreichischen Firmen seit fünf Jahren in Argentinien, Chile, Peru, Bolivien, Paraguay und Uruguay vertritt. Hofer, ein Oberösterreicher aus Ternberg im Ennstal, leitet seit fünf Jahren die Außenhandelsstelle in Buenos Aires. Kein einfacher Posten, wie sich schnell herausstellt. Schon auf dem Weg zum ersten Termin geraten wir in eine Straßensperre von maskierten Jugendlichen, die gerade damit beschäftigt sind, ein paar Autoreifen anzuzünden. Also nix wie umdrehen und auf eine andere Brücke ausweichen! Nur einen guten Wagen zu besitzen reicht in Argentinien also nicht aus. Man muss in diesem Land auch jederzeit wendig sein. Egal ob Politik, Wirtschaft oder einfache Leute: In Argentinien denkt man selten an morgen, man versucht viel mehr, erst die Probleme von heute zu lösen. Wird Josef Hofer gefragt, was das Land in Zukunft brauchen wird, antwortet er ehrlich: "Ich kann nur sagen, was im Moment gebraucht wird. Ich weiß nicht, was man hier morgen verkaufen kann." Investitionssicherheit sei in Argentinien leider nicht gegeben. So wurde zum Beispiel das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Argentinien von einen Tag auf den anderen einseitig gekündigt. Die aktuelle Regierung hat dieser Tage wiederum erklärt, dass alle Lebensmittel, die man selbst erzeugt, nicht mehr aus dem Ausland importiert werden dürfen. Sucht man das dazugehörige Dekret, dann sucht man vergeblich. Kann ja auch gut sein, dass es sich der zuständige Minister auch wieder anders überlegt. Schnell wird in Buenos Aires klar, wer aller beim Abschluss eines Geschäfts die Hand aufhält. "Mein Job ist hier schon, sehr oft, Feuerwehr zu spielen", gibt Josef Hofer zu. "Aber wenn dann wirklich einmal ein Geschäft zustande kommt, sind die Margen schon sehr hoch." Auch kann er aufzählen, was im Land dringend gebraucht werden würde: "Eine effizientere Energieversorgung, eine modernere Infrastruktur sowie alle Maßnahmen, um die Umwelt zu schützen." Am Ende vergisst der Firmenberater nie, auf den Markt in Peru aufmerksam zu machen: "Peru ist derzeit der aufgehende Stern in Südamerika. Die Wirtschaft entwickelt sich sehr gut, ist fast schon auf dem Niveau von Brasilien und Chile, und was für österreichische Firmen besonders interessant sein dürfte: Wenn sie jetzt schnell schalten, sind sie die Ersten. Die großen Mitbewerber sind noch nicht da."
Wir fahren in die Pampas!
Und dann fahren wir auch schon los, in die argentinische Pampas. Und die muss man sich bitte doch ein bisserl anders vorstellen wie das Marchfeld oder das nördliche Burgenland. Schon bald hinter Buenos Aires endet jene Autobahn, die in den Westen führt. Und von da an geht es auf einer schnurgeraden Landstraße stundenlang gerade aus. Landschaftlich darf man sich das ungefähr so vorstellen: Flach wie nur was, alle paar Kilometer eine Estanzia (Landgut), dazwischen Felder, der eine oder andere Gaucho auf seinem schönen Pferd, viele Pferde, viele Rinder, viel Langeweile. Bald kann man - zumindest als Beifahrer - getrost die Augen schließen. Und wenn man die Augen von Zeit zu Zeit kurz öffnet, dann zeigt sich immer das selbe Bild.
König der Sojabohne
Swarovski wird auch in Argentinien in erster Linie mit Schmuck verbunden. Schmuck ist aber auch die Estancia Viejo Roble in der Provinz Cordoba, ein respektabler landwirtschaftlicher Betrieb mit 4700 Hektar Größe, den die Swarovski-Gruppe seit mehr als zwanzig Jahren führen lässt. Hier werden derzeit 3100 Rinder gehalten, vor allem aber Sojabohnen, Sonnenblumen, Weizen und Getreide angebaut. Das Landgut scheint an manchen Stellen so weit zu reichen wie das Auge reicht. Ein wichtiger Vertrauensmann für die Österreicher ist Luis Alberto Porzio. Der 77-jährige Senor aus Buenos Aires hat seine berufliche Karriere als Buchhalter begonnen. Und er war ein Buchhalter mit Weitblick. Was Wenige seiner Landsleute wissen: Er hat die Sojabohne in Argentinien populär gemacht. Eine Bohne, die heute ein ganzes Land ernährt. Doch er war damals erst dreißig und sein Chef sehr böse, weil ihm der Junge die Show gestohlen hatte. "Er hat mich gefeuert", sagt Senor Porzio. Und es ist spürbar, dass ihn das heute noch schmerzt. Mehr freut ihn hingegen die Freundschaft zu den Swarovskis, mit denen er bereits seit vierzig Jahren ständig zusammen arbeitet. Gemeinsam hat man das Landgut langsam, dafür aber stetig zu einem Vorzeige-Betrieb in Argentinien geformt. Und gleichzeitig die Bodega Norton in Mendoza aufgebaut. Dort wurde noch in der Zeit der großen Inflation erstmals in Argentinien qualitativ hochwertiger Wein erzeugt. Auch das war eine Meisterleistung. Denn der Malbec aus dem Land der Gauchos wird heute auf der ganzen Welt geschätzt.
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