Welt-Reise, Tag 19 - Vereinigte Arabische Emirate

Welt-Reise, Tag 19 - Vereinigte Arabische Emirate
Zwei KURIER-Reporter reisen in 80 Arbeitstagen um die Welt. Und berichten von unterwegs über erfolgreiche österreichische Exporteure

Wow, Rudl auf Standby!

Flughafenhotels haben ihren eigenen Charme. Auch das "Wow Istandbul Hotels & Convention Center" ist so eine Landungsbrücke für kurzfristig gescheiterte Vielflieger. Flight closed! Flug geschlossen! Auch unseren Rudl, der sich viel vorgenommen hat, trifft diese Keule der Airlines hart. Ihm hilft auch nicht, dass er bereits drei Stunden vor Abflug von der City in Richtung Flughafen aufgebrochen ist. Wenn Istanbul nicht will, dass einer rechtzeitig hier rauskommt, kassiert ihn die Stadt ein. Irgendwo auf den verstopften Straßen in Richtung Airport. Spätestens beim Check-In lässt sie ihn wissen: Du fliegst nicht, du bleibst noch eine Nacht hier! Das Wow ist nicht Wow! Ein Flughafenhotel wie tausend andere. Die Gestrandeten hier sind nicht unbedingt in Urlaubsstimmung. Machen sich lieber Sorgen über ihr Heute und vor allem über das Morgen: Eigentlich sollten sie schon längst woanders sein, hunderte, tausende Kilometer entfernt von hier. Was wird mit all den Terminen, die von langer Hand vorbereitet wurden und die sich soeben in Luft auflösen? Wie lange werden sie festsitzen? Wer holt sie hier raus? Immerhin haben die sympathischen Mobiltelefon-Gesellschaften ihre Freude mit den hektisch Telefonierenden, deren Roaming-Gebühren soeben ins Astronomische anwachsen.

Im goldenen Käfig

Welt-Reise, Tag 19 - Vereinigte Arabische Emirate

Der Emirates Palace in Abu Dhabi. Das teuerste Hotel der Welt. Wird den Touristen-Schwärmen schon vorne am Eingang erklärt. Weil die erst 39 Jahre alten Vereinigten Arabischen Emirate im Superlativ scheinbar die einzige Chance sehen, um die Welt auf sich aufmerksam zu machen. Der Palace: ein 400-Zimmer-Monumentalbau, in dem fünf Tonnen Gold verarbeitet wurden. Heißt es. Mehr Prunk geht nicht. Mehr dekadenter Tourismus auch nicht (einige Damen zeigen Ausschnitte, als stünde dieser Goldene Käfig in Las Vegas oder gar am äußeren Wiener Gürtel, jedenfalls nicht in einem islamischen Land.) Der gelernte Vergolder Stefan Schuster kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus: "Als ich dieses Hotel gesehen habe, war die Welt für mich eine andere." Der 27-jährige Grazer lebte zuvor mit dem Wissen, dass sein Handwerk keinen goldenen Boden mehr hat. Doch einmal hier angekommen, wusste er sofort: Hier kann er sich - als einer der letzten Vergolder Österreichs - noch eine goldene Nase verdienen. Doch der Weg zur goldenen Nase ist ein langer. Bis zum ersten halbwegs ernsten Meeting mit einem halbwegs wichtigen Scheich können gleich einmal drei extrem geldintensive Abendessen vergehen. Bis er dann seine arabische Firma gegründet hatte, die Austrian Palace Furniture L. C. C., zogen weitere 250 Abendessen ins Morgenland (die allermeisten ohne Scheich, dafür ganz viele ganz alleine, im Hotel). Der Verzweiflung nahe: "Endlich hast du alle Papiere aus Österreich zusammen, und dann sagen sie dir hier im Ministerium, sorry Sir, aber wir haben gestern das Gesetz geändert." Stefan Schuster hat sich davon nicht aufhalten lassen: "Wenn ich jetzt aufgebe, dann war alles, was ich bisher gemacht habe, umsonst." Und vielleicht hat das ja auch der große Allah mitbekommen. Jedenfalls darf er im Moment sein Goldenes Sofa im goldenen Palast ausstellen. Und sollte ihn ein reicher Scheich darauf ansprechen, dann wird er ihm natürlich sagen, dass er den Korpus eigenhändig vergoldet hat. Mit Blattgold, drei Wochen lang, jeden Tag, in einer Grazer Werkstatt. Und wenn der Herr noch mehr wissen möchte, dann wird er ihm auch einen Katalog mit den hochexklusiven Gartenmöbel in die Hand drücken. Möbel, die, auch wenn sie das ganze Jahr im Freien stehen, nicht hin werden.

Da Scheich

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Kein ganz wichtiger, aber auch keiner aus der hintersten Reihe. Sagen wir vielleicht: Ein durchschnittlicher Mittelklasse-Scheich-Sohn. Hat in seiner Garage 160 Straßenkreuzer (von der Limousine bis zum Rennwagen) stehen. Hasst seine fünf Lamborghini (Motor zu laut). Mag auch den auf fast 1000 PS aufgerüsteten Hummer nicht mehr (weil eine Tankfüllung nie für die Eineinhalb-Stunden-Fahrt von Abu Dhabi nach Dubai reicht). Kauft daher im Vorbeigehen, wie andere Zigaretten, drei neue 8er-Audi (einen SUV, einen sehr Schnellen und einen Superschnellen). Lässt sie von seinen Angestellten (Stabstelle Fuhrpark) sogleich in seine große Garage fahren. Lässt dem pakistanischen Straßenreiniger schon einmal ein paar Geldnoten aus dem Wagen reichen (wenn draußen wieder einmal der Asphalt glüht). Telefoniert viel (auch in der Öffentlichkeit). Wird mit seinem lokalen Fußballverein nicht glücklich (trotz seiner Millionen sportlich wertlos). Wo sich doch der reiche Onkel das bekannte englische Ligateam Manchester City gekauft hat (kürzlich soll der jedem Spieler eine Uhr um eine Million € geschenkt haben). Soll er sich doch noch eine Firma leisten (ob 43 oder 44 ist auch schon egal)? Oder einen Helikopter kaufen? Oder ein Bürohaus? Wie er es dreht und wendet, der andere Scheich-Sohn hat immer mehr. Der andere Scheich-Sohn ist potenter. Das bereitet ihm Sorge.

Der Nischen-Weltmeister

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Ein lauer Winterabend im Al Nahyan Stadion. Die Admira aus dem Süden von Wien lässt grüßen. Gleich neben dem Fußballstadion die Shopping Mall von Al Wahda, die in ihrem Inneren ebenso phantasie- und facettenlos wirkt wie die Shopping City Süd. Auch der Andrang der Fußballfans ist ähnlich enden wollend wie der in der Südstadt. Die Stimmung im weiten Oval weit entfernt von euphorisch. Angepasst an die gebotenen sportlichen Leistungen. Al Wahda spielt ungefähr so ambitioniert wie die Mall nebenan. Der einzige Unterschied zur Admira: Der österreichische Zweitligist wäre heute Abend als sicherer Sieger vom Platz gegangen. "In Europa mache ich die Regeln, und bin dafür verantwortlich." Rechtfertigt sich der teuer eingekaufte ausländische Trainer. "In den Emiraten werden mir die Spielregeln vorgegeben." Lässt ihn zum Beispiel der Scheich wissen, dass er beim nächsten Spiel die drei Brasilianer nicht einsetzen darf, warum auch immer, hat er genau zwei Optionen: Entweder er lässt seine Mannschaft von vornherein verlieren (weil die einzigen wirklichen Fußballer auf der Bank sitzen). Oder er ist nach dem Spiel weg. Was weg sein bedeutet, hat der Vorgänger aus Rumänien erfahren. Der hat gemeint, er kann hier wirklich etwas bewirken. Hat professionell trainiert. So wie in Europa. Hat sogar die ersten beiden Meisterschaftsspiele gewonnen. Hat dann noch mit stolzer Brust hat die Pressekonferenz nach dem zweiten Spiel geben dürfen. Noch am selben Abend war er weg. Josef Hickersberger runzelt während des Spiels oft die Stirn. Sie erinnern sich vielleicht. Genau, der Hicke! Einer aus der Cordoba-Truppe. Österreichs Teamchef bei der WM 1990 in Italien, auch beim 0 : 1 gegen die Färöer Inseln im selben Jahr, seither auch Färöer-Pepi genannt, zuletzt Trainer bei Rapid Wien und bei der Heim-Euro 2008. Kein unbeschriebenes Blatt im arabischen Raum. Quasi unser Nischen-Weltmeister im eher engen Segment des Wüsten-Fußballs. Der Hicke sagt so: "Aus diplomatischen Gründen muss ich hier ein Auge zudrücken, und mit dem anderen Auge wegschauen." Man kann jetzt natürlich sagen: Das hat wenig mit professionellem Fußball zu tun. Ja, stimmt. Andererseits ist der 62-jährige Amstettener das beste Beispiel dafür, wie man in Arabien lavieren muss, um zu seinem Geld zu kommen. Das Kalkül ist klar: Der Scheich zahlt. Daher bekommt der Scheich, was er will. (Blöd ist nur, wenn der Scheich will, dass seine Mannschaft auch ohne Brasilianer gewinnen soll.) Das Kalkül ist auch: Dass sich unser Nischen-Weltmeister die Demütigungen durch den Scheich teuer abgelten lässt. Und: Winkt ihm ein anderer Scheich mit mehr Dollarscheinen, dann ist er auch weg.

Dieser Blog erscheint redaktionell unabhängig in Kooperation mit der Außenwirtschaft Österreich der Wirtschaftskammer Österreich sowie mit dem Wirtschaftsministerium. Die Export-Offensive go-international soll österreichische Unternehmen zu geschäftlichen Aktivitäten im Ausland motivieren und dabei unterstützen.

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