Welt-Reise, Tag 11 - Ägypten

Welt-Reise, Tag 11 - Ägypten
Zwei KURIER-Reporter reisen in 80 Arbeitstagen um die Welt. Und berichten von unterwegs über erfolgreiche österreichische Exporteure

Exportgut, sehr gut

Al salam aleykum! Grüß Gott in der deutschen Evangelischen Oberschule in Kairo. Zum Morgenappell, Schlag 7.50 Uhr, lässt der Direktor, ein freundlicher Bayer, alle Schüler antreten. Und die ägyptische Hymne vom Band laufen. Ein unüberhörbares Signal des Friedens - auch in Richtung der ägyptischen Staatsbürger, auch wenn nicht alle Anwesenden munter mitsingen. Vor, hinter und inmitten der gestaffelt aufgestellten Schulklassen stehen auch einige Erwachsene. Auf mehr als 1000 Schüler kommen insgesamt 120 Pädagogen, darunter auch drei Englisch-Lehrerinnen aus Österreich. Sehr gut, wirklich sehr gut! Österreichs Auslandslehrer sind ein weiteres Exportgut. Meist unterrichten sie - in Ermangelung österreichischer - in deutschen Schulen und sorgen dort für eine rot-weiß-rote Charme-Offensive. "Die Kids mögen uns", sagt Patricia Dajani, die vor ihrem Engagement in Kairo 22 Jahre lang an der International School in Wien 22 unterrichtet hat. "Vielleicht liegt das auch daran, dass wir uns nicht ganz so strikt an die Vorgaben halten wie unsere deutschen Kollegen." Deutschland this, Deutschland that. Auch Amina Zeindlhofer aus Sankt Johann im Pongau verweist in ihrem Unterricht auf die Besonderheiten ihres Heimatlandes: "Vor allem die österreichischen Literaten gingen sonst völlig unter." Die Imagewerbung für ihr Heimatland zwischendurch ist durchaus legitim. Immerhin bezahlt die Republik Österreich das Gehalt für eine Lehrkraft. Direktor Thomas Schröder-Klementa betont nach dem frühen Appell, dass man sich in seiner Schule sehr um einen interreligiösen Unterricht bemüht. Deshalb wird der Religionsunterricht in der Oberstufe von zwei Lehrern gemeinsam gehalten, von einem christlichen und einem muslimischen. Deshalb ist der Sonntag in der evangelischen Schule nicht heilig, sondern schon seit einigen Jahren ein Schultag. Ein gangbarer Kompromiss, wie der Direktor versichert: Mit dem Gottesdienst in der Früh werde auf die christliche Tradition Rücksicht genommen, mit dem Unterricht an einem Werktag auch auf die Bedürfnisse der Eltern. Der Schulleiter verweist auf die Vorbildwirkung: "Religiöse Konflikte gab es bei uns eigentlich noch nie."

"Ich fahre nach Ägypten"

Welt-Reise, Tag 11 - Ägypten

Auf die Plätze, fertig, los! Nichts Anderes signalisiert das grüne Männchen auf der Ampel für alle Wahnwitzigen, die es wagen, eine Straße zu Fuß zu überqueren. Über die Straße sollte man hier besser nicht gehen, schon gar nicht schlendern, sondern so schnell als möglich laufen. Im Sprint. Sofern sie auf der anderen Straßenseite lebend ankommen möchten. Ein Liter Benzin kostet in Ägypten 25 Cent. Kein Wunder, dass man in der Megacity vor lauter Autos nur selten den blauen Himmel sehen kann. Zu den 15 bis zwanzig Millionen Menschen, die in der Stadt wohnen, sollen sich an einem Werktag weitere sechs Millionen gesellen, um am Abend wieder stadtauswärts, nach Hause zu fahren. Man stelle sich vor: Alle Österreicher im Besitz eines Führerscheins pendeln in der Früh nach Kairo, und am Abend wieder heim. Wer nach Kairo, in die Schaltzentrale des Landes fährt, sagt auch: "Ich fahre nach Ägypten." Die Frage, wie man zu Fuß seinen Weg durch die Stadt findet, stößt hingegen mehrheitlich auf Unverständnis.

Teesdorf in der Wüste

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Kaum zu glauben, aber auch das Fahrtechnik-Zentrum ist auf einem guten Weg, ein österreichischer Exportschlager zu werden. Der Ziviltechniker Gernot Blach steht in der Wüste südlich von Kairo - und kann hier auf eine schöne Erfolgsgeschichte verweisen: Es war im Dezember, und es war vor mehr als 25 Jahren. Damals ist er gemeinsam mit dem ehemaligen Rallye-Fahrer Franz Wurz ein schneebedecktes Feld im niederösterreichischen Teesdorf abgeschritten. Mit ihren Schritten haben die beiden Freunde aus dem Waldviertel, die sich bereits aus ihrer Jugend kennen, das Grundstück im Steinfeld vermessen. Der Winter ging dann vorbei, und der ÖAMTC konnte wenig später seinen ersten modernen Test- und Übungsplatz für Autofahrer eröffnen. Zurück im modernen Ägypten. Noch rollen auf dem 42-Hektar-Areal in Helwan, je nach Verkehr eine dreiviertel bis eineinviertel Autostunden vom Zentrum Kairos entfernt, nur die Baufahrzeuge. Doch schon vor dem Sommer nächsten Jahres sollen hier die ersten ägyptischen Busfahrer eingehend geschult werden. Der Autofriedhof nebenan ist unabsichtlich ein makaberer Hinweis auf einen landesweit hohen Blutzoll. Laut Auskunft des Tourismusministeriums kamen im Vorjahr 8000 Menschen auf Ägyptens Straßen ums Leben. In auffallend viele Unfälle waren Reisebusse mit Touristen involviert. Höchste Zeit also, um gegenzusteuern. Auf ihrer Suche nach geeigneten Vorsorge-Programmen fanden die ägyptischen Behörden auch den Weg nach Teesdorf, wo man unter anderem Busfahrern der Wiener Linien und der Post ihre Lektionen erteilt. Seither plant der weit gereiste Diplomingenieur seine 25. Verkehrsanlage. "Österreich habe ich ja bereits zugepflastert", sagt Blach mit einem Augenzwinkern. In Österreich hat er insgesamt zehn Fahrtechnik-Zentren für den ÖAMTC und drei für den ARBÖ konzipiert. Seit 2004 sind Freund Wurz und er daher vor allem im Ausland unterwegs. Vom ÖAMTC habe man die Rechte für die internationale Verwertung des Konzepts erworben. Im Entstehen sind derzeit neue Anlagen in Spanien, Frankreich, Italien, Polen, Serbien, den USA und eben in Ägypten. Hier in Ägypten, scheint es, ist die Reise noch nicht zu Ende. Schon gibt es weitere Anfragen. Das Land hat punkto Verkehrssicherheit noch einen enormen Nachholbedarf. In direkter Konkurrenz mit einem renommierten deutschen Unternehmen, das etliche Formel-1-Rundstrecken als Referenz angeben kann, liegen Blach und Wurz weiterhin gut im Rennen. Und wenn der neue Übungsplatz hilft, weitere Unfälle zu verhindern, dann ist dies auch nicht das allerschlechteste Gefühl.

Feuerfest am Roten Meer

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Dort, wo sich ein legendäres Meer verjüngt und in den Suez-Kanal mündet, in der Nähe des Hafens Ain Sukhna, ist ein weiterer österreichischer Nischen-Weltmeister auffallend präsent. Auch der neue Hochofen des Stahlwerks der Ezzsteel-Gruppe in Ain Sukhna wird mit feuerfesten Materialien von RHI ausgekleidet. Der RHI-Konzern ist heute weltweit einer der wichtigsten Magnesit-Abbauer und Zulieferbetriebe für die Stahl- und Zementindustrie, weiß auch Youssef Wagdy. Der gut vernetzte Geschäftsmann mit eigenem Repräsentanzbüro in Kairo arbeitet bereits seit dem Jahr 1988 für die Österreicher. RHI war von Anfang an gut beraten, auf seine Dienste zu vertrauen. So blieb man auch nach dem langwierigen Privatisierungsprozess der ägyptischen Stahlindustrie gut im Geschäft. Wagdy ist der Prototyp für einen lokalen Partner. In der Tat haben im Land am Nil bereits mehrere ausländische Firmen Schiffbruch erlitten, die sich die Leistungen eines Insiders sparen wollten.

Abschied von Afrika

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Die Pyramiden von Gizeh gesehen haben und ... - zurück ins Hotel fahren. Dieses laute, treibstoffintensive Spektakel wiederholt sich jeden Abend aufs Neue. Draußen vor dem Plateau von Giza, wie die heutigen Ägypter jenen Stadtteil nennen, der in den vergangenen Jahren fast bis zu den Monumentalbauten herangewachsen ist. Zu jeder Stunde startet eine neue Licht- und Soundshow. Einmal in Deutsch, dann in Englisch, dann wieder in Italienisch, Russisch und so weiter. In der Masse strebt die Masse den Pyramiden entgegen, in der Masse kehrt sie ihnen nach 55 Minuten leicht kitschiger Berieselung wieder den Rücken. Nicht unbedingt die Atmosphäre, in der sich über die Menschheitsgeschichte räsonieren lässt. Vor und hinter dem Ausgang wartet dann der fast schon obligatorische Billigramsch aus China. Abschied von Afrika, ab morgen Asien. Nach den ersten elf Arbeitstagen lässt sich ein Eindruck nicht so leicht abschütteln: 95 Prozent der Menschen jener Länder, die wir auf dem schwarzen Kontinent besucht haben, können sich noch so bemühen. Sie werden, was ihr Einkommen anlangt, niemals einen Platz an der Sonne ergattern. Dafür sorgen schon die restlichen fünf Prozent, die sich in ihren gut abgeschirmten Villen und Büros fein eingerichtet haben.

Dieser Blog erscheint redaktionell unabhängig in Kooperation mit der Außenwirtschaft Österreich der Wirtschaftskammer Österreich sowie mit dem Wirtschaftsministerium. Die Export-Offensive go-international soll österreichische Unternehmen zu geschäftlichen Aktivitäten im Ausland motivieren und dabei unterstützen.

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