Welt-Reise, Tag 10 - Ägypten

Welt-Reise, Tag 10 - Ägypten
Zwei KURIER-Reporter reisen in 80 Arbeitstagen um die Welt. Und berichten von unterwegs über erfolgreiche österreichische Exporteure

Rudl am Nil

Heute Heiliger Abend, heute Kairo. Unser Rudl gönnt sich zur Feier der Tages am Morgen einen Blick auf den Nil. Der Nil ist die Lebensader - nicht nur für Ägypten. Wird weiterhin weit über seine natürlichen Möglichkeiten von den Anrainerstaaten ausgesaugt. Vor diesem geopolitischen Hintergrund wirkt der Fluss in Kairo nicht viel mächtiger oder grauer als die Donau bei Wien oder Budapest. Um auf die graue Brühe runterschauen zu können, muss unser Weltreiselipizzaner ordentlich gegen den Verkehrsstrom ankämpfen: Auf der viel befahrenen Nil-Brücke im Süden der Stadt sind insgesamt acht Spuren zu kreuzen. Wären er und sein Portraitfotograf nicht gar so abenteuer-erprobt, er hätte dieses kleine Kunststück wohl nie zuwege gebracht. Dabei, deutet Rudls ägyptischer Chauffeur, ist in der größten Stadt Afrikas (die Schätzungen reichen von 15 bis zwanzig Millionen Einwohner aktuell) heute deutlich weniger los als an herkömmlichen Tagen. Der schaumgebremste Verkehr hat jedoch wenig mit dem bevorstehenden Weihnachtsfest zu tun. Der Freitag der Moslems ist wie der Sonntag der Christen. Der Freitag ist der heiligste Tag - auch in der vorletzten Woche des Jahres.

Der Salon-Kommunist

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Wenn Azer Farag darum bittet, dann sperrt das legendäre Café Riche auch an einem klassischen Ruhetag auf. Und wenn er von seinen Spitzen gegen das Establishment erzählt, bekommt er glänzende Augen wie ein kleiner Bub vor dem Christbaum. Mister Farag ist kein unbeschriebenes Blatt in Kairo. Er hat in diesem Café unter anderem mit dem Nobelpreisträger Nagib Mahfouz Kaffee getrunken, auch den einen oder anderen Machthaber oder Oppositionellen der arabischen Welt getroffen. Er hat in jungen Jahren eine linkslinke Tageszeitung mitherausgegeben, und ist auf seine alten Tage ein ebenso erfolgreicher wie streitbarer Unternehmer. In seiner Firma arbeiten gut 100 Angestellte; seine Kommentare werden von den Eliten gefürchtet. Farag vertritt internationale Spitzenbetriebe im Eisenbahnbereich. Dazu muss man wissen, dass Ägypten stolz auf das zweit älteste Eisenbahnnetz der Welt ist (die erste Strecke wurde im Jahr 1852 errichtet), mit aktuell 5000 km Gleisen. Zu seinen persönlichen Favoriten zählt der Vertreter auch die Voest Alpine Eisenbahn, Voest Alpine Schiene sowie die Schienenstopfer von Plasser und Theurer. Die Österreicher mag er besonders: "Weil sie ein grundlegendes, sehr spezifisches Know-how besitzen, ständig an der Weiterentwicklung ihre Produkte arbeiten und dazu sehr verlässliche Partner sind." Zwei Zitate gibt er uns noch mit auf den Weg. Das eine über die ägyptischen Staats- wird Stammkunden der Österreichischen Bundesbahnen nicht fremd vorkommen: "Ich liebe die Bahn, auch wenn sie mich täglich aufs Neue betrügt." Das andere zur Begründung seiner Weltanschauung ist nicht minder einprägsam: "Wenn du als Kapitalist in einem Land wie diesem Geld verdienen möchtest, brauchst du politische Stabilität. Und die hast nur dann, wenn es sozialen Frieden gibt."

Der Nahost-Experte

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"Who is first, is first." Kurt Altmann hat Format, gar keine Frage. Er ist heute der mit Abstand erfahrenste Handelsdelegierte im arabischen Raum. Seine Analysen finden nicht nur bei Kollegen in der Region Gehör, auch Firmenvertreter und Botschafter unterschiedlicher Länder schätzen ihn als Gesprächspartner. Der 54-jährige Bisamberger arbeitet seit bald dreißig Jahren in Nordafrika und im Nahen Osten. Weil er Format hat, kann er zwischendurch, wie man auf dem Foto gut erkennen kann, auch über sich selbst lachen. Scheinbar gezielt streut Altmann in seine brillante Analyse des nahöstlichen Wirtschaftsraumes die eine oder andere Binsenweisheit ein. Was ihn ganz offensichtlich auch selbst amüsiert. Der Doktor der Rechtswissenschaften wird nicht müde gegenüber seinen Landsleuten zu betonen: "In Ägypten ist ein lokaler Partner besonders wichtig." Das Prinzip sei nämlich immer das selbe: "Guter Partner - gut für die Firma, schlechter Partner - schlecht für die Firma." Klingt plausibel, ist es auch. Am Besten wissen das übrigens jene, die Altmanns Warnungen in den Wind geschlagen haben.

Eilige Nacht im Basar

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Während im Abendland die Kerzen der Christbäume angezündet werden, gehen die Lichter im bekanntesten Basar von Kairo langsam aus. Der Khan el Khalili im Zentrum von Kairo ist in erster Linie ein Magnet für gutgläubige Touristen. Ein Händler gewährt sogar 110 Prozent Nachlass! Wer sich hier abzocken lässt, ist selbst schuld. Die Pyramiden, Pharaonen und Plattitüden, die hier feilgeboten werden, sind allesamt made in China. Dafür gibt es sie in allen möglichen Größen, Farben und Preislagen. Auffallend: Mit den schon früh am Abend wieder abziehenden Melkmassen macht auch der bunte Markt dicht. Frohe Weihnachten! Kairo erweckt auf den ersten Blick einen liberalen, aufgeklärten Eindruck. Speziell auf Reisende, die zuvor in Libyen und in Nigeria unterwegs waren. Doch der Schein trügt da und auch dort. Noch immer gibt es im Land Spannungen, speziell zwischen Christen und Moslems. Die Christen, die meisten sind Kopten, machen gerade einmal fünf Prozent der Bevölkerung aus. Überall in der Stadt sind tagsüber und auch am Abend Polizisten postiert. In vielen Häusern, nicht nur in öffentlichen Gebäuden und großen Hotels, stehen private Sicherheitsleute neben ihren Durchleuchtungsmaschinen parat. Da und dort warten auch Hunde, die angeblich auf Sprengstoff spezialisiert sind. Religion als Unruhefaktor: Man ist sich hier seiner Sache nicht allzu sicher, auch nicht in dieser hochheiligen Nacht.

Dieser Blog erscheint redaktionell unabhängig in Kooperation mit der Außenwirtschaft Österreich der Wirtschaftskammer Österreich sowie mit dem Wirtschaftsministerium. Die Export-Offensive go-international soll österreichische Unternehmen zu geschäftlichen Aktivitäten im Ausland motivieren und dabei unterstützen.

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