Hofers steirische Odyssee
Reiste der griechische Sagenheld Odysseus einst klima-neutral? Ich saß im Zug, lehnte meinen Kopf an eine Fensterscheibe. Draußen rauschten die Wälder des Wechselgebiets vorbei. Der Morgennebel zog sich in den Wald zurück, eine Antwort auf meine hypothetische Frage gab er aber nicht frei.
Allerdings kann ich nun auch ein Lied von einer kleinen Irrfahrt singen. Und das kam so: Eine Familienfeier war ein guter Anlass, meine Eltern in der Steiermark zu besuchen. Mit dem Auto über die A1 in den Süden, rund 150 Kilometer, eineinhalb Stunden Fahrzeit. Praktisch und schnell.
So. Blöd nur, dass ich der Umwelt und des CO2-Ausstoßes zuliebe ein Jahr in kein Auto steige (hier Nachzulesen). Es musste eine alternative Anreise gefunden werden. Blieb die Bahn, die liebe ÖBB. Zu erwähnen sei, dass von meinem Elternhaus der nächstgelegene Bahnhof gut 20 Kilometer entfernt ist.
Die Bevölkerungsdichte ist unverhältnismäßig größer, dennoch ein Vergleich: Wien hat eine Nord-Süd-Ausdehnung von zirka 22 Kilometern. Stellen Sie sich vor, Sie stehen am Bahnhof Liesing und müssen nach Floridsdorf. Ohne Auto, ohne öffentliche Verkehrsmittel. Was würden Sie tun?
Fuchs, Hase und zwei Busse
Ich bin in einem Dorf aufgewachsen, wo im Sommer zwei Mal am Tag ein Bus fährt. Vielleicht nicht gerade in die Richtung, in die man möchte, aber immerhin. Diese Erfahrung hat auch seine Vorteile im beschleunigten Wien: Stress angesichts einer Wartezeit von fünf Minuten auf die nächste U-Bahn wird bei mir nie aufkommen.
Da ich aber auf den Bus verzichten wollte, lautete mein Anreise-Plan: Mit dem Rad zum Bahnhof Wien Meidling, dann mit dem Zug über Wiener Neustadt auf die steirische Seite, schließlich 20 Kilometer mit dem Rad fahren und rechtzeitig zum Mittagessen an die Haustür anklopfen (Ein Radtagesticket kostet übrigens 2,50 Euro mit Vorteilscard).
Man darf jedoch nie die Rechnung ohne die ÖBB machen. Soll heißen: Immer vorab auf die ÖBB-Website schauen. Dass es im Sommer öfters Schienenersatzverkehr ergibt, kommt für Bahnfahrer nicht überraschend, diesmal auf der Teilstrecke Wiener Neustadt - Bad Erlach. Fahrräder sind in Ersatz-Bussen nicht erlaubt, also spulte ich die knapp zehn Kilometer nach Bad Erlach auf meinem Mountainbike herunter, um den dort wartenden Anschlusszug nach Hartberg zu erwischen. Dort angekommen, meinte der Schaffner, "najo, wenn Platz is`, nemma a Radl scho im Bus mit", man könne das eben nur im Vorhinein nicht sagen.
Gut vier Stunden
Für die oben angesprochenen abschließenden zwanzig Kilometer saß ich schließlich noch eine knappe Stunde im Sattel. Mein Fazit: Um 6.40 Uhr hatte ich in Wien das Bahnticket gekauft, um 10.45 Uhr war ich am Ziel. Gerade noch rechtzeitig, um 11 Uhr wird Mittag gegessen.
Meine Mutter hatte dann "schnell eine Kleinigkeit" gekocht, wie sie zu sagen pflegt: Gemüsesuppe mit frischen Eierschwammerln; Kürbis, Kraut, Fisolensalat, Erdäpfel; dann Marillenkuchen und zwei Liter "Pago" aus Erdbeeren. Alles aus dem eigenen Garten. Ergibt eine CO2-Transport-Bilanz, die ich in Wien nie im Leben erreichen werde.
Mehr als vier Stunden hin, dieselbe Prozedur bei der Rückreise nach Wien. Wer es eilig oder viel Gepäck hat, für den ist das Auto nahezu unverzichtbar - vor allem in den ländlichen Gebieten. Aber wenn Sie das Klima schonen möchten, Bahnfahren lieben, sportlich sein wollen oder vor allem viel zu viel Zeit haben: Nehmen Sie den Zug.
PS: Odysseus hat das spartanische ja geliebt, siehe Penelope. Ich werde auch weiter spartanisch mit dem Rad reisen. Österreichs CO2-Emissionen werden sich dadurch nicht verringern, aber mir macht Radlfahren Spaß. Ist doch auch etwas.
Ich freue mich schon auf einen schneereichen Winter.
Umweltschonend, nachhaltig, klima-neutral: Die Umwelt-Lobby hat viele Tipps parat, wie der Einzelne sein Leben gestalten soll. Doch sind diese Vorgaben in Bereichen wie Verkehr, Nahrung oder Haushalt auch wirklich durchführbar? Zu den gesammelten Blog-Einträgen.
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