Klomuschel & Psychiater

Hartnäckigkeit zahlt sich angeblich aus. Im Fall Pichler kann man sich da nicht so sicher sein...
Georg Hönigsberger

Georg Hönigsberger

Die Erhard-Pichler-Story liest sich wie ein Krimi. Da deckt ein Mann 1969 einen Millionenskandal auf und wird dafür vier mal ins Irrenhaus gesteckt. Es hat zumindest den Anschein, dass er einigen Herren nicht genehm war. Pichler ist nach wie vor davon überzeugt, einer Intrige zum Opfer gefallen zu sein.

Die Fakten sind nie richtig aufgerollt worden. Ein Polizist, der Pichler mehrere Fallstricke gelegt hatte, die ihn schließlich in die geschlossene Anstalt gebracht haben, wurde dafür nie belangt. Es hätte sich auch dessen Unschuld herausstellen können, überprüft hat es scheinbar niemand. Die ÖBB verzichteten freiwillig auf sehr viel Geld. Der Rechnungshof wies den Bundesbahnen Unwidrigkeiten vor. Geschehen ist nichts. Kein Schuldiger musste die hinterzogenen Steuergelder nachzahlen. Es gab offenbar keine Schuldigen. Oder es durfte keine geben. Pichlers These, dass innige Freundschaften auf parteipolitischer Ebene bestimmte Personen schützten, müssen hier als Spekulation abgetan werden. Es wurde nie aufgeklärt.

Pichler nahm Politiker ins Visier. Sein Kalkül: Durch öffentliche Kritik müssten die Minister die für den Abgabenskandal Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Passiert ist nichts, außer einer Ehrenbeleidgungsklage, die Pichler am Hals hatte. Doch auch die wurde eingestellt.

Pichler kämpft seit 43 Jahren. Bezüglich seines Geisteszustandes (er war als unheilbar geisteskrank eingestuft worden) ist er längst rehabilitiert. Doch Schadenersatz hat er bis heute nicht bekommen.

Was das mit dem "Heimskandal", dem dieser BLOG gewidmet ist, zu tun hat? Es gab immer wieder vereinzelte Wortmeldungen, die die Frage aufwarfen, warum sich viele ehemalige Heimkinder mit ihrem schrecklichen Erlebnissen erst nach 30, 40 Jahren oder mehr an die Öffentlichkeit wandten. Was so nicht stimmte. In zahlreichen Interviews, die der KURIER mit ehemaligen Zöglingen geführt hat, kam immer wieder ans Tageslicht, dass sich viele bereits vor Jahrzehnten bei Jugendamt oder Polizei über Missstände beschwert hatten. Der Tenor: "Uns hat man nie geglaubt."

Pichler hat Belege, der Rechnungshof hat ihm recht gegeben. Dennoch wurde er zwangspsychiatriert. Der Fall war bereits in den 1970er-Jahren in den Medien. Kreisky, Kirchschläger haben sich seiner angenommen. Passiert ist nichts. Keine Entschädigung, keine Entschuldigung. Pichler kämpft noch immer um eine Wiedergutmachung. Mit Hartnäckigkeit, die manchmal auch anstrengend sein kann. Nicht jeder kann ein derartiges Durchhaltevermögen haben. Und nicht jeder kann den unbändigen Glauben haben, dass sich der Rechtsstaat doch irgendwann durchsetzt.

Außerdem kann nicht jeder in solchen Situationen auch noch ein Quäntchen Humor bewahren: Pichler hat die Ordinationstafel des Psychiaters Rudolf Jech nach dessen Tod abmontiert und mit nach Hause genommen. Jech hatte mit einem (laut weiterer Experten fehlerhaften) Gutachten maßgeblich zu Pichlers Zwangsinternierung beigetragen. Heute hängt Jechs Schild im schönen Niederösterreich über Pichlers Kloschüssel.

 

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