Im Nachhinein kommt es mir so vor...

Die Frauen, die mit ihrem KURIER-Interview den Heimskandal publik gemacht haben, standen der Wilhelminenberg-Kommission Rede und Antwort
Georg Hönigsberger

Georg Hönigsberger

Gut ein halbes Jahr hat es gedauert, ehe die beiden Kronzeuginnen von der Wilhelminenberg-Kommission befragt wurden. Eva L. und Julia K. (Namen von der Redaktion geändert) hatten im Oktober des vergangenen Jahres mit ihren beiden im KURIER veröffentlichten Interviews die Diskussion um die Kinderheime der Stadt Wien angeheizt. Vor allem ihre Schilderung der Folter eines Mädchens im Kinderheim am Wilhelminenberg Mitte der 1970er-Jahre und der Verdacht, sie seien damals an Männer "verkauft worden", sorgte für Aufsehen. Eva L. damals wörtlich: "Im Nachhinein kommt es mir so vor, dass jemand für uns bezahlt wurde. Weil sie uns immer zurechtgemacht haben. Wir mussten Strumpfbandgürtel anziehen und durften uns nicht die Haare schneiden lassen." 

Österreichweite Aufarbeitung

Vergangene Woche war es nun soweit. Die von der Stadt Wien eingesetzte Leiterin der Wilhelminenberg-Kommission, die Richterin Barbara Helige, traf sich gemeinsam mit der Psychiaterin Gabriele Wörgötter (Kommissionsmitglied) erstmals mit den beiden Frauen und deren Anwalt Johannes Öhlböck. In dessen Kanzlei wurde mehrere Stunden über die Vorkommnisse im Schloss Wilhelminenberg diskutiert. "Wir sind noch nicht mit allen Themen durch", ist sich der Jurist sicher, dass es weitere Gesprächstermine geben wird. Barbara Helige geht davon aus, "dass es in den nächsten zwei bis drei Wochen soweit sein wird". Die Leiterin der Kommission zeigt sich nach dem ersten Gespräch sehr zufrieden. "Es war sehr erkenntnisreich. Die beiden Frauen konnten uns neue, wichtige Details erzählen." Öhlböck lobt die Kooperation mit der Kommission, kritisiert jedoch, dass sie nur für das Heim Wilhelminenberg zuständig ist. Öhlböck: "Es muss eine Kommission für alle Heime in ganz Österreich geben." Helige sagte im KURIER-Gespräch vor wenigen Wochen, dass dies eine Entscheidung der Politik sei, welcher Sachverhalt untersucht werde. Bislang gibt es ja nicht einmal eine bundesweite Ansprechstelle für Opfer von Gewalt und sexuellem Missbrauch in ehemaligen Kinderheimen. Von der österreichweiten Aufarbeitung des Themas ganz zu schweigen...

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