4 Stunden für mehr Lebensqualität

Es hört sich so leicht an: bewusster leben, bewusster genießen, mit allen Sinnen genießen, …. Und ich muss gestehen, auch ich dachte des Öfteren: „Sehr nett, aber ich habe ich jetzt keine Zeit! Es muss einfach schnell gehen.“

Da wurde ich nun eines Besseren belehrt. Es war ein Genuss-Workshop mit anschließendem 4-gängigen Menü. Der Genuss-Workshop war überraschend einfach gestaltet: Wir bekamen in Wasser gelöste Stoffe zu trinken. In so feinen Konzentrationen, dass die Nase da absolut nicht aushelfen konnte, um den tatsächlichen Geschmack zu erraten. Und so fein, dass man wirklich sehr genau seine Mundhöhle absuchen musste, um den Geschmack einmal zu finden und dann auch ungefähr auch anzugeben, wo er empfunden wird. Und wer diesen medizinisch etablierten Geschmackslandkarten auf der Zunge glaubt, wird dabei eines Besseren belehrt. Die Geschmacksareale sind viel weiter verbreitet und haben unterschiedliche Nuancen. So ist das Süß auf der Zunge ein anders Süß als das an der Wangeninnenfläche! Diese Übungen waren so unspektakulär wie eindrucksvoll. Für die Geschmacksnerven war das einmal nicht wie Boxschläge, sondern wie feines Streicheln und Wachkitzeln.

Also auf zum Essen! Wow!!! Der erste Gang war ein Salat aus würzigen heimischen und asiatischen Salaten (Rucola, Pak Choi,..) mit vielen Kräutern und Blüten, Löwenzahn, Sauerampfer, knuspriger Salbei, Thymianblätter (hab ich noch alle in Erinnerung?) mit Zitrone, Kürbiskern angerichtet und mit knusprigen Wurzelchips garniert. Wir hatten die Aufgabe, nicht nur die einzelnen Kräuter zu bestimmen, sondern auch deren Geschmacksrichtungen: süßlich, scharf, sauer, bitter. Das Geschmackserlebnis war sensationell! Die weiteren 3 Gänge möchte ich Ihnen nicht mehr schildern, um Sie nicht zu quälen. Es waren einfache Zutaten, die man auf der Wiese, in Supermärkten und in Asialäden oder guten Gemüsemärkten erhält. Nichts wirklich exotisches und schwer erhältliches. Die Leiterin hatte Recht: Genuss muss absolut nicht teuer sein. Was sich aber nicht bestätigte: dass Genuss auch ganz schnell ginge. Der Workshop und das Essen dauerten etwa 4 Stunden. Und die Auswahl und Zubereitung davor vermutlich viel, viel länger. Aber sagen wir es noch ein wenig genauer: Den Genuss zu lernen, das braucht Zeit, nicht so sehr der Genuss selbst. Denn heute aß ich anders. Ich aß zum Frühstück ein Butterbrot. Nichts sonst. Gutes Brot. Frische Butter. Wie lecker! Auch die weiteren Mahlzeiten kostete ich so richtig aus und ich schmeckte süß, scharf, würzig in ganz neuer Intensität! Das war so toll, dass ich darauf jetzt wohl bei jeder weiteren Mahlzeit bestehen werde, auch bei der einfachsten! Genuss also auch im Alltag. Und ich bin jetzt schon sehr neugierig darauf, was meine neu entdeckten Geschmackspapillen und Knospen sagen werden, wenn ich wieder mal einen Burger oder Pommes essen sollte!

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