Wenn DSDS-Juroren nicht mit dem Kopf denken

Die neuen Juroren neben Dieter Bohlen (v.l.n.r): Marianne Rosenberg, Mieze Katz, Prince Kay One
Unsere tägliche Begleiterscheinung zum Fernsehabend des Vortages. Diesmal: Staffelstart bei "Deutschland sucht den Superstar"
Peter Temel

Peter Temel

Die Fremdschäm-Saison bei den deutschen Privatsendern hat wieder begonnen.

von Peter Temel

über "Deutschland sucht den Superstar"

Sie hat wieder begonnen: die Fremdschäm-Saison bei den deutschen Privatsendern. Sat.1 startete am Mittwoch die fünfte Staffel seiner Abspeck-Show "The Biggest Loser". Nermin, eine der Kandidatinnen, "träumt davon, endlich die Mode tragen zu können, die sie verkauft." Zeitgleich ging RTL in die elfte Staffel des Casting-Spektakels " Deutschland sucht den Superstar" (DSDS).

Mit mehr als zehn Jahren Laufzeit ist "DSDS" heutzutage schon ein Show-Dinosaurier. Da müssen natürlich, auch im Lichte sinkender Quoten, Neuerungen her. Heuer ist das eine Art Schutzpatron, den die Kandidaten vor ihrem Casting-Auftritt nominieren können. Bei einer Pattsituation der Jury entscheidet dieser "Joker" dann für oder gegen den Aufstieg. Freilich kann man dabei auch einen Juror erwischen, der einem nicht so gut gesinnt ist.

Weil das aber eine nicht allzu prickelnde Neuerung ist, hat man das Juroren-Quartett diesmal besonders auf Konfliktpotenzial getrimmt. Neben das Alpha-Tier Dieter Bohlen setzte man den Rapper Prince Kay One, der gleich beim ersten Kandidaten tönte: "Machos an die Macht!". Demgegenüber steht diesmal eine starke weibliche Flanke, mit der Frontfrau der Band Mia, Mieze Katz, und der Schlagersängerin und Produzentin Marianne Rosenberg ("Er gehört zu mir"). Die 58-jährige ist offenbar auf den Typ böse Königin aus "Schneewittchen" gestylt worden und stellte gleich einmal klar, Machos die Leviten lesen zu wollen.

Macho-Mätzchen

Den vorprogrammierten Kampf der Geschlechter hat man gleich zu Beginn des ersten Casting-Zusammenschnitts in Szene gesetzt - um dem Fernsehpublikum möglichst früh die Marschrichtung zu zeigen.

Da durfte etwa Herr Kay One ungestraft verkünden, dass er es schätzt, wenn Frauen zu Hause bleiben. Weil sie dann, finanziell abhängig, weniger den Mund aufmachen würden.

Da stöckelte die Kandidatin Tanja mit allzu offenherzigem Dekolleté ins Studio. DSDS-Urgestein Bohlen wurde seinem Ruf gerecht und kommentierte die wackelige stimmliche Darbietung der 24-Jährigen mit einem typischen Verdikt: "Du kannst nicht singen." Auch die Frauen in der Jury zeigten sich nicht gerade begeistert und Mieze Katz hielt die Sache für erledigt.

Doch dann folgte die Macho-Intervention des kleinen Rapper-Prinzen Kay One: "Wir sind noch nicht fertig! Aussehen – top. Ausstrahlung – top. Zähne – top. Augen – top. Arsch – top. Stimme – scheiße! Aber weil wir nicht 'The Voice' sind, kriegst du mein Ja."

Als dann auch noch Bohlen umschwenkte, und Aussehen über Stimme stellte, wurde es Jurorin Mieze zu viel. Kommentarloser Abgang. Um nicht miterleben zu müssen, wie "Joker" Bohlen und der Rapper die junge Schönheit mit breitem Grinsen in die nächste Runde hievten. Mit Kay Ones verschwitzter Begründung: "Mein Kopf hat 'Nein' gesagt, aber da ist noch jemand anderer, der 'Ja' gesagt hat ..."

"So stellt man ein Mikro hin!"

Natürlich kehrte Mieze wieder zurück ans Jurorenpult ("Wie leicht die euch um den Finger gewickelt hat..."), nur um dann auch noch von Bohlen persönlich brüskiert zu werden. Als sie einem ziemlich unbeholfen am Keyboard agierenden Kandidaten das Mikro einrichtete, sprang Bohlen auf und erklärte oberlehrerhaft: "So stellt man ein Mikro hin!"

Mätzchen wie diese wirken ungeheuer aufgesetzt, und sollen signalisieren: Die Messer sind gewetzt. Aber eigentlich war es das dann auch schon mit den Reibereien innerhalb der Jury. Gab es doch auch die wirklich talentierten Kandidaten und jene typischen Fremdschäm-Auftritte, bei denen man hübsch Einigkeit demonstrieren konnte.

Ein junges, beängstigend blass wirkendes Mädchen baute sich vor Prince Kay One auf und beschimpfte ihn wegen dessen Konflikt mit Bushido. Interessant, dass man hier das Mikro bis zum Schluss an ließ, während Bohlen einen anderen, sympathisch wirkenden Kandidaten nach wenigen Sekunden stoppte. Dabei rief er zu Beginn der Show noch als Motto aus: "Alle Macht den Kandidaten."

Böser Dieter, guter Dieter

Da war er wieder: der böse Dieter. Den guten Dieter gab es dann auch noch. Einer optisch unscheinbar wirkenden Kandidatin, die die Jury spaltete, bescheinigte er: "Das ist doch Personality, das ist doch Künstler!" Mit Hilfe von "Joker" Mieze Katz schaffte es die aufgeweckte Sängerin doch noch in den Recall.

Am Samstag geht es weiter - mit den nächsten Casting-Kandidaten. Man darf darauf wetten, dass wieder junge Menschen bei der Selbst-Blamage gezeigt werden. Bei den sechs Liveshows werden die Fremdschäm-Kandidaten dann ausgesiebt sein. Aber keine Sorge, es gibt ja noch das "Dschungelcamp" (ab 17. Jänner auf RTL) - und wohl noch so manches Schattenboxen der Geschlechter in der DSDS-Jury.

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