Beim Bargeld hört sich der Spaß auf
Die Angst vor dem totalen Überwachungsstaat ist eines der Hauptargumente der selbst ernannten Retter des Bargeldes. Sie entwerfen in bekannter Verschwörungsmanier ein Schreckensszenario, indem das Bargeld bald ganz verschwunden sein wird und Bürger wie Unternehmen nur noch online, digital, virtuell – auf jeden Fall lückenlos kontrolliert – ihren Zahlungen nachkommen.
Gewiss, der weltweite Siegeszug des Plastikgeldes ist nicht mehr aufzuhalten. Speziell in der Corona-Pandemie hat das Online-Banking einen kräftigen Aufschwung erlebt. Unzählig, von der breiten Masse aber auch dankbar angenommen, sind heute die Möglichkeiten, den jeweiligen Einkauf mittels Karte, Handy oder smarter Uhr abzuschließen.
Diese Entwicklung befeuert offenbar die tief sitzende Sorge, schon demnächst wäre das Ende des Bargeldes amtlich besiegelt.
Digitaler Euro
Dabei versichert die zuständige EZB, die das Projekt des digitalen Euro vorantreibt, dass der Euro in Münzen und Scheinen – hundertprozentig – erhalten bleibt. An eine Abschaffung des Bargeldes denkt niemand. Das ist glaubwürdig, weil der digitale Euro soll ja als bloße Ergänzung zum Bargeld kommen. Wenn man so will, dann ist der digitale Euro als Konkurrenz zu unregulierten Krypto-Währungen wie Bitcoin & Co konzipiert. Die Zentralbank will die Kontrolle über die Geldmenge behalten und das Feld nicht kampflos den Zockern und Abzockern aus der Kryptowelt überlassen.
Die Probleme des Euro sind in Wahrheit ohnehin ganz andere. Im Vergleich mit der Rekordinflation, die die Kaufkraft des Euro schwächt und Rohstoff- wie Energieimporte massiv verteuert, mutet der Kampf um das Bargeld fast wie eine Themenverfehlung an. Gegenüber dem US-Dollar und dem Schweizer Franken verliert der Euro sukzessive an Wert. Das muss einem Sorgen machen, speziell in Ländern wie Österreich und Deutschland, die jahrzehntelang mit ihrer Hartwährungspolitik sehr gut gefahren sind.
Bargeld-Nostalgiker
Doch die Bargeld-Verteidiger lassen nicht locker und in so unsicheren Zeiten wollen die Verantwortlichen die „Früher-war-alles-besser“-Nostalgiker nicht vor den Kopf stoßen. Zeit für mehr oder weniger sinnvolle Debatten bleibt ohnedies: Die Grundsatzentscheidung, ob der digitale Euro auch wirklich eingeführt wird, fällt erst im Herbst 2023. Und bis zur tatsächlichen Einführung vergehen mindestens drei weitere Jahre.
Der digitale Euro dürfte übrigens so beliebt werden, dass Notenbanker bereits laut über Mengenbeschränkungen je Bürger oder Strafzinsen für jene überlegen, die zu viel digitale Euro als Spar- und Anlageobjekt horten wollen. Bis das alles so weit ist, startet die Nationalbank erst einmal eine Kampagne kontra Plastik- und pro Bargeld. Der zu allen Zeiten richtige Slogan lautet: „Nur Bares ist Wahres“.
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