Variante I: Die Babler-SPÖ kommt über den Sympathisantenkreis der Alt-SJ nicht hinaus und verschreckt die gemäßigte Mitte. In dem Fall bleibt die SPÖ in den Umfragen im niedrigen 20er-Bereich picken, und es wird sich allein schon aufgrund der Arithmetik lange vor der Wahl herauskristallisieren, dass Türkis-Blau als nächste Bundesregierung programmiert ist. Die Match-Konstellation im Wahlkampf hieße in dem Fall: Kickl gegen Nehammer. Wer wird Kanzler der Rechts-Regierung? Soll es der rabiate Herbert Kickl werden? Oder doch besser der gemäßigte Karl Nehammer?
Aus ÖVP-Sicht wäre ein Babler-Fehlstart ein Geschenk. Denn obwohl die ÖVP das Kanzleramt innehat, spielt Karl Nehammer derzeit nur in der Kategorie „bester Nebendarsteller“. Als Gegenspieler zu Herbert Kickl würde Nehammer doch noch eine Hauptrolle zufallen.
Variante II: Der Linkspopulismus der Babler-SPÖ verfängt doch mehr, als man üblicherweise in Österreich annehmen würde. Die außergewöhnliche Unzufriedenheit mit der Regierung, die Verunsicherung infolge der Inflation und anderer Krisen könnten die SPÖ begünstigen. In dem Fall lautet das Match: Babler gegen Kickl, Links gegen Rechts. Und es würde wohl auch ein Wettbewerb in Regierungskritik sein – auf Kosten der ÖVP. Diese müsste trachten, zwischen den knisternden Polen nicht unterzugehen.
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Schwierige Regierungsbildung
Eine sehr schwierige Situation zeichnet sich für die Regierungsbildung nach der Wahl ab. Die ÖVP könnte vor der Entscheidung stehen, ob sie Herbert Kickl oder Andreas Babler zum Kanzler macht. Unterhaltsam wär’s schon, wenn sich die neu-rechte ÖVP und die Juso-SPÖ zusammenraufen müssten, und zwecks Mehrheit vielleicht auch noch Grüne oder Neos an Bord holen müssten. Realistisch ist das aber nicht.
Faktum ist vielmehr, dass der SPÖ-Parteitag mit Bablers Wahl die möglichen künftigen Regierungsvarianten reduziert hat. Mit Hans Peter Doskozil wäre das Spektrum breiter gewesen. Denn selbst wenn Babler 30 Prozent erhielte und als Erster durchs Ziel ginge, wird er schwerlich einen Regierungspartner finden (mit Ausnahme des unwahrscheinlichen Falls einer Ampelmehrheit).
Wenig Druckmittel gegen Kickl
Auf der anderen Seite wird die ÖVP wenig Druckmittel haben, die FPÖ dazu zu bewegen, einen Wahlgewinner Kickl abzuschütteln und einen anderen FPÖ-Exponenten als Regierungschef vorzuschlagen. So gesehen rückt durch Bablers Wahl ein Kanzler Kickl wieder ein Stück näher.
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