Morgen in einer Woche steht der Nachfolger der deutschen Kanzlerin fest, und dass sich ihre Ära dem Ende zuneigt, darüber sind manche froh.
Das sind jene, die Angela Merkel gebetsmühlenartig ihr „Wir schaffen das“ vorhalten und sie für die Zuwanderung seit 2015 verantwortlich machen (ohne einen blassen Schimmer zu haben, was sie 2015 anders gemacht hätten; dasselbe gilt übrigens für das ewige Lamento, Merkel habe der EU mit der Euro-Rettung Griechenlands Unzumutbares zugemutet).
Die anderen sind jene, denen Angela Merkel eine Spur zu groß war. Er könne „derartigen Schwachsinn nicht bestätigen“, sagt Jean-Claude Juncker im KURIER-Interview zur gerne verwendeten Erzählung, Königin Merkel habe Europa geführt. Der frühere Kommissionspräsident will auch seinen Platz in der Geschichte, wie manch anderer, der von „Angie“ an den Rand gedrückt wurde.
Unabhängig davon sind die Verdienste der Kanzlerin für Deutschland und für Europa unbestritten – vor allem als verlässlicher, reflektierender Fels in der Brandung immer erratischer und egoistischer agierender Politiker rundum, von seinerzeit Trump bis heute noch Orbán. Nicht von ungefähr hat Barack Obama vor einem halben Jahrzehnt die Kanzlerin gedrängt, noch eine Amtszeit draufzulegen.
Ebenso offen liegend sind ihre Versäumnisse, etwa was das Fitmachen ihres Landes für die Zukunft betrifft, Stichwort: verheerend veraltete Infrastruktur.
Aber die Welt und mit ihr Europa und Deutschland drehen sich auch ohne Merkel weiter: „Auch der nächste deutsche Bundeskanzler wird auch ein europäischer Bundeskanzler sein“, sagt Juncker.
Wie er heißt, ist eine Woche vor der Wahl völlig offen. Kommt Olaf Scholz als „der neue Merkel“; oder kriegt Armin Laschet die Kurve doch noch und rettet der Union die Kanzlerschaft? Die Grüne Annalena Baerbock ist selbstverschuldet wohl chancenlos. Kommt ein Regenbogen links oder einer rechts der Mitte? Rot-Rot-Grün scheidet als Denkvariante ja glücklicherweise wohl aus.
In Wahrheit ist es fast egal. Ein Farbwechsel im Kanzleramt nach 16 Jahren wäre per se kein Unglück und würde so viel nicht ändern: Olaf Scholz steht als Vizekanzler so in der Mitte, wie Merkel (zum Zorn ihrer konservativen Kritiker) in der Mitte stand. Armin Laschet steht auch dort (zum Zorn seiner Widersacher in der eigenen Partei). In den letzten sieben Jahrzehnten wurde Deutschland übrigens in fünfen von der CDU geführt, und wenn die SPD dran war, war’s zweimal der viel zitierte richtige Kanzler in der falschen Partei (Schmidt und Schröder), nur Willy Brandt war ein Linker.
Somit gilt: Deutschland bleibt in jedem Fall auf Kurs, auch nach der Ära Merkel. Und das ist eine gute Nachricht.
Kommentare